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Bernd Pichler: Spezialist für präklinische Bildgebung

Diese Professur ist einzigartig in Europa: Bernd Pichler erhielt im Januar 2008 von der Werner Siemens-Stiftung eine Stiftungsprofessur, um neue, nichtinvasive Bildgebungsverfahren für die Forschung und Klinik zu entwickeln. Von Haus aus leitet der promovierte Ingenieur das Labor für Präklinische Bildgebung und Bildgebungstechnologie am Universitätsklinikum Tübingen.

Innovative interdisziplinäre Forschungsbereiche sind genau das richtige Biotop für Forscher mit dem Goethe´schen Problem „zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust“. Damit sah sich Bernd Pichler schon früh konfrontiert. Sein Vater hatte im bayerischen Scheyern ein Elektrogeschäft, wodurch der Sohn eine Neigung für alles Technische entwickelte. Aber auch die Medizin faszinierte ihn schon immer. „Als es ans Studieren ging, schwankte ich zwischen Mathe, Physik und Medizin“, sagt Pichler.

Ein Glücksfall war für ihn die Einrichtung des Studiengangs Elektrotechnik mit dem neuen Schwerpunkt Biomedizinische Technik und Kybernetik in München. Hier bekam Pichler genau die Chance, die er suchte, um seine Interessen unter einen Hut zu bringen. Ein Praktikum im vierten Semester war für ihn dann der Einstieg in die Nuklearmedizin, die sich zu seinem Spezialgebiet entwickelte. Zur Diplom- und Doktorarbeit ging Pichler an die Nuklearmedizinische Klinik des Uniklinikums rechts der Isar in München, wo er auch seine erste Postdoktorandenzeit verbrachte.
Professor Doktor Bernd Engler überreicht Doktor Bernd Pichler die Ernennungsurkunde zum Professor.
Prof. Dr. Bernd Engler (Mitte), der Rektor der Universität Tübingen, überreicht Dr. Bernd Pichler (re) die Ernennungsurkunde zum Professor. (Foto: Universität Tübingen)

Pichlers Dauerthema: Entwicklung eines Kleintier-PET

Ein außergewöhnlich spannendes Projekt war dafür verantwortlich, dass er über insgesamt acht Jahre dem Standort treu blieb: Pichler arbeitete mit an der Entwicklung eines Kleintier-PET (Positronen-Emissions-Tomograph), mit dem Stoffwechselprozesse im lebenden Tier qualitativ und quantitativ sichtbar gemacht werden können. Dabei baute er schon während der Promotion Kontakte in die USA auf, die ihn schließlich dazu brachten, für zwei Jahre an die University of California in Davis, USA, zu gehen.

„Ich suchte die Auslandserfahrung und möchte sie auch keineswegs missen, aber auch dort ist nicht alles Gold, was glänzt, und die Forschungsgelder sitzen in den USA längst nicht mehr so locker“, sagt Pichler. Von Anfang an stand für ihn fest, dass er wieder nach Deutschland zurückgehen würde, obwohl er in den USA auch interessante Firmenkontakte knüpfte - unter anderem zu Concorde Microsystems, einem Unternehmen, das heute zum Siemens-Konzern gehört und in der präklinischen und klinischen Bildgebung relevante Entwicklungsarbeit leistet.
Prof. Dr. Bernd Pichler steht rechts vor einem Magnetresonanztomographen. Vor ihm ist der Untersuchungswagen des Geräts, auf den er eine betäubte weiße Ratte legt.
Prof. Dr. Bernd Pichler bereitet am MRT (Magnetresonanztomograph) die Untersuchung einer Ratte vor. (Foto: Universität Tübingen)

Forschung nicht einseitig gewinnorientiert betreiben...

„Es war für mich klar, dass ich im Universitätsbereich bleiben wollte, denn ich schätze hier die Freiheit in der Forschung. Auch finde ich es sehr wichtig, dass es Forschung gibt, die nicht vorrangig gewinngetrieben ist“, betont Pichler. Nach Tübingen zog er in erster Linie wegen dem hervorragenden Forschungsumfeld. „An der Stadt selbst hat mich ehrlich gesagt wenig gereizt“, gibt Pichler gerne zu, „aber die Infrastruktur der Universität, die international renommierte Radiologie und nicht zuletzt das Vorhandensein eines Zyklotrons zur Herstellung radioaktiver Isotope haben mich überzeugt, dass Tübingen die richtige Wahl ist.“

Auch auf Tübinger Seite wurde eine Zusammenarbeit mit Pichler begrüßt. „Prof. Dr. Claus Claussen, der Direktor der Radiologischen Universitätsklinik, war gleich begeistert von der Idee, in Tübingen einen Kleintier-PET aufzubauen“, erinnert sich Pichler. Auch der finanzielle Aspekt war für beide Seiten erfreulich. „Ich verfügte aus den USA noch über Gelder vom National Institute of Health, die ich transferieren konnte“, sagt Pichler. Seit 2005 leitet er nun in Tübingen das Labor für Präklinische Bildgebung und Bildgebungstechnologie. Das Forschungsziel ist, Methoden etwa aus dem Kleintier-PET für Untersuchungen am Menschen anwendbar zu machen.

...davon profitieren auch die Unternehmen

Mit der Firma Siemens arbeitet er bereits seit Jahren erfolgreich zusammen, auch was die Geräteentwicklung angeht. „In unserem Hochtechnologiebereich sind wir auf Firmenkooperationen angewiesen und mit Siemens funktioniert das wirklich sehr gut“, bestätigt Pichler. Die Stiftungsprofessur hat mit dieser Kooperation allerdings nichts zu tun. Sie wurde von der Werner Siemens-Stiftung, Schweiz, eingerichtet, die unabhängig von der Firma Siemens agiert. Bis 2017 wird Pichlers Professur nun über die Stiftung finanziert - eine Zeitspanne, die genügend Raum zur nachhaltigen Entwicklung bietet.

Auch in die Lehre steckt Pichler viel Entwicklungsarbeit. Dabei verfolgt er eine Drei-Schritt-Strategie. „In einem ersten Schritt bringen wir den Studenten mit Vorträgen und Vorlesungen nahe, was wir überhaupt machen. Im zweiten Schritt zeigen wir es ihnen im Labor und im dritten Schritt bringen wir ihnen bei, erfolgreich zu publizieren.“
In der Doktorandenausbildung folgt Pichler ganz dem Motto „fördern und fordern“. „Doktoranden brauchen eine echte Aufgabe“, ist Pichler überzeugt, „aber auch eine gewisse Freiheit dabei, sie zu bewältigen. Solange es in den Rahmen der Drittmittelgeber passt, soll der wissenschaftliche Nachwuchs ruhig den Blick über den Tellerrand des eigentlichen Themas wagen.“ Zu Anfang gesteht Pichler seinen Doktoranden eine dreimonatige Orientierungsphase zu, damit sie den für sie am besten passenden Ansatz finden können.

Mit maßgeschneiderten Ausbildungsprogrammen Mediziner besser integrieren

Gerne würde Pichler neben Naturwissenschaftlern und Ingenieuren noch mehr Mediziner als Doktoranden gewinnen, muss dazu aber gewisse logistische Hürden nehmen. „Mediziner promovieren in der Regel parallel zur Endphase des Studiums. Das bringt ein stundenweises Arbeiten mit sich, das hier nicht realisierbar ist. Wenn wir zum Beispiel kurzlebige Isotope erhalten, müssen sie sofort aufgearbeitet werden, das ist mit einem normalen Studienplan schlecht vereinbar“, sagt Pichler. Eine seiner Hauptaufgaben in der Lehre sieht er darin, für Mediziner ein passendes Promotionsprogramm aufzubauen.

Strategische Planungen zu diesem und anderen Vorhaben erledigt Pichler wie auch das Lesen von Abschlussarbeiten und Fachartikeln zu einem guten Teil in seiner Freizeit. „Unter der Woche bin ich zu hundert Prozent für den Job da, den ich wirklich sehr liebe, am Wochenende dann vielleicht zu 50 Prozent“, sagt Pichler, der es trotzdem noch fertig bringt, zu seinem bayerischen Freundes- und Familienkreis zu pendeln, seinem Hobby Basketballspielen zu frönen und zum Beispiel nach Kanada oder Norwegen zu reisen.

leh - 25.03.08
© BIOPRO Baden-Württemberg GmbH
Weitere Informationen:
Universitätsklinikum Tübingen
Labor für Präklinische Bildgebung und Bildgebungstechnologie der Werner Siemens-Stiftung
Prof. Dr. Bernd Pichler
Röntgenweg 13
72076 Tübingen
Tel.: 07071 29-83427
Fax: 07071 29-4451
E-Mail: bernd.pichler@med.uni-tuebingen.de

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