BioFluidix GmbH - Kleinste Tröpfchen für Forschung und Industrie
Bei Mikrosystemtechnik denkt man zunächst an Computerchips, Navigationssysteme oder intelligente Implantate. Im Alltag weniger präsent sind die Anwendungen in den Life Sciences wie etwa Dosiersysteme für Diagnostik und Forschung. In diesem Bereich wird der Umgang mit kleinsten Flüssigkeitsmengen immer mehr zur Voraussetzung. Die Experten von der BioFluidix GmbH aus Freiburg haben sich auf die sogenannte Mikrofluidik spezialisiert und liefern Lösungen für die Welt der Mikro- und Nanovolumina. Lab on a chip ist hier nur eines der Stichworte. Als Partner des Spitzenclusters MicroTEC Südwest entwickelt die aus der Universität Freiburg ausgegründete Firma nun die nächste Generation präziser Dosiersysteme für Forschung und Industrie.
Kleine Tröpfchen bedeuten großes Geld. Ärzte bringen zum Beispiel Gewebeproben ihrer Patienten mit Testsubstanzen in Reaktion, um eine Krankheit nachzuweisen. Forscher in einem Pharmaunternehmen versuchen, Hunderttausende von potenziellen Arzneimitteln auf ihre biologische Wirkung zu testen. Sie alle verbrauchen biologische Materialien wie Zellen, Enzyme oder DNA. Und deren Herstellung ist teuer. Wissenschaftler versuchen deshalb, Systeme zu entwickeln, die mit kleinsten Materialmengen auskommen. Trotzdem sollen die Testverfahren möglichst präzise bleiben. Und die Geräte sollen mit den heutigen Automatisierungstechniken kompatibel sein, die eine große Anzahl von Experimenten in kurzer Zeit erlauben. „Wir haben uns im Rahmen unserer universitären Forschung schon seit mehr als zehn Jahren mit solchen Problemen befasst“, sagt Dr. Peter Koltay, Assistent am Lehrstuhl für Anwendungsentwicklung von Prof. Dr. Roland Zengerle am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) der Universität Freiburg und Geschäftsführer der BioFluidix GmbH. „Dann haben wir aus einigen unserer Ideen Prototypen gemacht und eine Firma gegründet, die sie vertreibt und weiterentwickelt."
Erfolg in Forschung und Diagnostik
Biochips oder sogenannte Microarrays ermöglichen die Untersuchung von Hunderten verschiedener Substanzen zur gleichen Zeit.
© BioFluidix GmbH
Die BioFluidix GmbH gibt es seit fünf Jahren. Der Umsatz ist von Jahr zu Jahr kontinuierlich gestiegen. „Was mit mir als One-Man-Show angefangen hat, ist heute ein Unternehmen, das zehn Mitarbeiter hat“, sagt Koltay. Er und sein Team bieten verschiedene Systeme für die Mikrodosierung an. Ein Beispiel ist eine komplette Arbeitsstation, die hunderte verschiedener Flüssigkeiten auf einen Chip von der Größe eines Fingernagels auftragen kann. Biologen benutzen solche „Microarrays“ zum Beispiel, um die Aktivität von Genen zu untersuchen. Rund 10.000 verschiedene Experimente können mit einem solchen Biosensor gleichzeitig durchgeführt werden – das ist ebenso für die Pharmaindustrie interessant, denn auch dort werden Substanzen im Hochdurchsatz getestet. Die Tröpfchen müssen nanolitergenau dosiert werden. Das System ist außerdem mit den gängigen Laborrobotern kombinierbar.
Das Pipe-Jet-Verfahren der BioFluidix GmbH: Ein Flüssigkeitstropfen löst sich aus einer mikrometerdünnen Pipettenspitze.
© BioFluidix GmbH
Eine andere Technologie aus dem Hause BioFluidix basiert auf dem sogenannten PipeJet-Verfahren. Es handelt sich um eine Pipettenspitze, die durch einen sogenannten Piezoaktor zusammengedrückt werden kann und daraufhin einen Flüssigkeitstropfen abgibt. Ein Piezoaktor ist im Prinzip ein mikroskopisch kleiner Kolben, der sich unter Stromfluss ausdehnt. Die Ausdehnung ist proportional zur Menge der aufgebrachten elektrischen Ladung und verdrängt ein entsprechendes Volumen aus der Pipette. Damit lassen sich Flüssigkeitsmengen im Nanoliter- bis Mikroliterbereich dosieren. Die Pipetten der BioFluidix werden in der Forschung eingesetzt. Sie sind aber auch für die medizinische Diagnostik interessant. Denn Proben eines Patienten dürfen nicht in Kontakt mit Rückständen von anderen Proben kommen. „Das Problem bei den heute gängigen Tropfendosierern ist, dass die kontaminierten Teile nicht kostengünstig austauschbar sind“, sagt Koltay. Bei der Hardware von BioFluidix ist daher nicht nur auf extreme Präzision, sondern auch auf Austauschbarkeit Wert gelegt worden. Alle flüssigkeitsführenden Teile sind aus Kunststoff. Damit sind sie billig zu produzieren. Man muss sie nicht spülen, sondern kann sie einfach wegwerfen.
Der Erfolg der BioFluidix-Produktpalette in der Diagnostik von Krankheiten oder in der Entwicklung von neuen Medikamenten liegt damit auf der Hand. Aber die Freiburger Mikrosystemtechniker denken weiter. Denn Mikrodosierung ist heute in keinem Industriezweig mehr wegdenkbar. So haben Koltay und Co gemeinsame Projekte etwa mit Kunden aus der Mikroelektronik, wo es darum geht, elektrische Flussmittel genau zu dosieren oder winzige Bauteile mit nanometerdünnen Sol-Gel-Phasen zu beschichten. Und seit Herbst letzten Jahres ist die BioFluidix GmbH Partner im Spitzencluster MicroTEC Südwest, einem Konsortium von über 330 Akteuren aus Südwestdeutschland, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.
Diffusion von Know-how in andere Bereiche
„Innovationen sind in der Geschichte der Forschung und Technik vor allem dann aufgetreten, wenn unterschiedliche Disziplinen miteinander in Berührung gekommen sind“, sagt Koltay. Im Spitzencluster kooperieren Mikrosystemtechniker aus verschiedenen Bereichen der Industrie und Wissenschaft, etwa der Automobil-, Lebensmittel- oder Maschinenbaubranche. Das bedeutet, dass die BioFluidix nicht nur mit dem IMTEK eng verzahnt ist, aus dem sie entstanden ist und in dessen Räumlichkeiten sie untergebracht ist. Enge Verbindungen gibt es auch zur Industrie. Ein Projekt zum Beispiel, das von der Roche Diagnostics AG Mannheim koordiniert wird und an dem das IMTEK sowie die BioFluidix beteiligt sind, betrifft die Entwicklung einer intelligenten Kartusche zur Dosierung winziger Flüssigkeitsmengen. Es handelt sich dabei um die nächste Generation von Systemen, die in der Lage sind, ihre eigene Funktionsweise ständig selbst zu überwachen. Dadurch soll die In-vitro-Diagnostik noch sicherer werden. Eine besondere Herausforderung liegt dabei wieder darin, alle Teile so zu entwickeln, dass sie kostengünstig produziert werden können.
Das Hauptprojekt der BioFluidix im Rahmen des Spitzenclusters ist die Weiterentwicklung einer innovativen Pipettenspitze, die noch kleinere Flüssigkeitsmengen dosieren kann als bisher. Zum Einsatz kommt wieder die bewährte PipeJet-Technologie. Zusammen mit der Firma BRAND GMBH+CO KG aus Wertheim, einem Spezialisten für Laborprodukte wie Liquid Handling Instrumente, hochwertige Verbrauchsmaterialien aus Kunststoff und Volumenmessgeräte aus Glas und Kunststoff, suchen die Mikrosystemtechniker aus Freiburg aber auch nach Möglichkeiten, eine solche Pipettenspitze mit Hilfe der Spritzgusstechnik und damit möglichst kostengünstig zu produzieren. Außerdem soll sie wie alle Produkte der BioFluidix GmbH mit den gängigen Labormaschinen kombinierbar sein. „Unsere Vision ist, dass eine solche Pipettenspitze irgendwann auch in anderen Industriezweigen eingesetzt wird“, sagt Koltay. „Pipettiert wird überall, es handelt sich also um eine Basistechnologie. Ich bin gespannt, welche Einsatzmöglichkeiten sich im Rahmen des Spitzenclusters MicroTEC Südwest ergeben werden.“