zum Inhalt springen

Biotechnologie – eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts

„Die Biotechnologie gilt als eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts mit enormen Innovationspotenzialen“ – das betont die am 5. April 2017 erschienene Studie der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech). Welche Trends gibt es innerhalb der Branche und vor welchen Herausforderungen stehen wir?

Die Biotechnologie gilt als eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Sie bietet enorme Potenziale für wirtschaftliche Wertschöpfung und qualifizierte Arbeitsplätze und spielt daher auch in Zukunft eine wichtige Rolle. © BIOPRO

Unter Biotechnologie versteht man die Nutzung von Zellbestandteilen, Zellen und Organismen für Produktionszwecke, für das Erbringen von Dienstleistungen oder für Forschung und Entwicklung. Die Biotechnologie ermöglicht schonendere und zugleich effektivere Therapien der individualisierten Medizin. Auch kann sie zur Optimierung von industriellen Prozessen und zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel beitragen. Wissenschaftliche Durchbrüche wie die rasante Leistungssteigerung der Genom-Sequenzierung oder neue Werkzeuge wie die CRISPR-Cas-Methode zur Genom-Editierung eröffnen neue Einsatzgebiete und Anwendungsmöglichkeiten. Trends sind unter anderem in den Bereichen Analyse, Diagnostik, Gentherapie, aber auch in der Krebstherapie oder in der Nutzung von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) zu erkennen1.

Biotechnologie – Baden-Württemberg bietet spannende Themen

Mit ihrem Impuls macht acatech darauf aufmerksam, dass Deutschland in Wissenschaft und Forschung in den Lebenswissenschaften und der Biotechnologie hervorragend positioniert ist. Baden-Württemberg hat sich mit seinen 156 Biotechnologie-Unternehmen als erstklassiger Standort herauskristallisiert und liegt nach Bayern im deutschlandweiten Vergleich auf Platz zwei. Zu den in der Studie aufgeführten Trends in der Biotechnologie bietet Baden-Württemberg spannende Themen.

Sehr große Hoffnung bei der Anwendung von biotechnologischen Verfahren liegt unter anderem in der Krebstherapie. Hier kommen beispielsweise Unternehmen wie die Sciomics GmbH, TherapySelect oder die biosyn Arzneimittel GmbH ins Spiel. Diese stellen mit ihren Innovationen nur einen Bruchteil der vielzähligen biotechnologischen Unternehmen in Baden-Württemberg dar, die im Bereich Krebsforschung und -bekämpfung tätig sind2. Auch auf dem Gebiet der Diagnostik wird in Baden-Württemberg fleißig geforscht. Unternehmen wie unter anderem die Curetis N.A., die Hain Lifescience GmbH oder die SpinDiag GmbH haben Testsysteme zur Frühdiagnostik von Krankheitserregern entwickelt, um eine präzise und schnelle Diagnose zu ermöglichen. Mit diesen Methoden können viele Erkrankungen schneller erkannt und eine passende Therapie für den Patienten gefunden werden3. Allerdings haben alle Entwicklungen im Bereich der Lebenswissenschaften und der Biotechnologie eines gemeinsam – sehr lange Entwicklungs- und Innovationszyklen.

Herausforderungen in der Biotechnologie-Branche

Entwicklungszyklen von mehr als 20 Jahren sind innerhalb dieser Branche keine Seltenheit. Harald zur Hausen, der 2008 einen Nobelpreis für Medizin erhielt, stellte bereits 1976 seine Hypothese auf, dass humane Papillomviren (HPV) eine Rolle bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs spielen. Anfang der 1980er Jahre wurde sein Verdacht bestätigt. Denn es gelang ihm mit seiner Arbeitsgruppe, erstmals die Typen HPV 16 und HPV 18 in einem Gebärmutterhalstumor zu isolieren. Der seit 2006 auf dem Markt befindliche Impfstoff bietet nun völlig neue Perspektiven der Vorbeugung4,5.

Manchmal ist es aber auch ein langer Weg bis zum Erkenntnisgewinn in der Grundlagenforschung und bereits verstanden geglaubte Prozesse müssen revidiert werden. Ein Beispiel hierfür ist die Transformationslehre, die von Jean-Baptiste de Lamarck vor rund 200 Jahren veröffentlicht wurde. Seine Überzeugung, dass Lebewesen erworbene Eigenschaften an ihre Nachkommen weitergeben können, ist seit Kurzem unter Genetikern wieder gesellschaftsfähig. Seit einigen Jahren weiß man, dass durch sogenannte epigenetische Veränderungen Umwelteinflüsse durchaus ihre Spuren im Erbgut hinterlassen können6. Diese Beispiele veranschaulichen, wie dynamisch diese Branche ist und welche Herausforderungen sich bei der Gestaltung biologischer Prozesse ergeben. Stabile Rahmenbedingungen und kontinuierliche Förderungen sind daher unentbehrlich. Und es lohnt sich, diese Branche auch weiterhin zu unterstützen: Laut acatech-Studie folgt auf die Digitalisierung als nächste Revolution in Wirtschaft und Gesellschaft die breite Anwendung der Biotechnologie in Medizin, Landwirtschaft und Industrie. Sie bietet enorme Potenziale für wirtschaftliche Wertschöpfung und qualifizierte Arbeitsplätze und spielt daher auch in Zukunft eine wichtige Rolle. Um die Akzeptanz biotechnologischer Innovationen zu ermöglichen, muss die Öffentlichkeit über den Nutzen der Biotechnologie für die Gesellschaft informiert werden. Einen Teil trägt hier die BIOPRO Baden-Württemberg bei, die schon seit Jahren Aufklärungsarbeit leistet.

„In unseren Fachportalen zur Gesundheitsindustrie und Bioökonomie sowie im BIOPRO Magazin halten wir vielfältige Informationen bereit, die auch für alle, die nicht Biologie studiert haben, einen Einblick in die Fortschritte der Life Sciences und Antworten auf große gesellschaftliche Herausforderungen geben“, macht Dr. Barbara Jonischkeit, Leiterin der Kommunikation bei der BIOPRO Baden-Württemberg, deutlich.

acatech

Die acatech7 – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften – vertritt die deutschen Technikwissenschaften im In- und Ausland in selbstbestimmter, unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise. Als Arbeitsakademie berät acatech Politik und Gesellschaft in technikwissenschaftlichen und technologiepolitischen Zukunftsfragen. Darüber hinaus hat es sich acatech zum Ziel gesetzt, den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen und den technikwissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. Vier Schwerpunkte bestimmen die Arbeit:

  • Wissenschaftliche Empfehlungen: acatech berät Politik und Öffentlichkeit auf dem besten Stand der Forschung in technikbezogenen Zukunftsfragen.
  • Praxistransfer: acatech bietet eine Plattform für den Austausch von Wissenschaft und Wirtschaft.
  • Nachwuchsförderung: acatech engagiert sich für den technikwissenschaftlichen Nachwuchs.
  • Stimme der Technikwissenschaften: acatech vertritt die Interessen der Technikwissenschaften auf nationaler und internationaler Ebene.

Literatur

1 http://www.acatech.de/fileadmin/user_upload/Baumstruktur_nach_Website/Acatech/root/de/Publikationen/Stellungnahmen/IMPULS_Biotechnologie_KF_final.pdf

2 https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/de/presse/pressemitteilungen/neue-ansatze-gegen-krebs-gewunscht/

3 https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/de/fachbeitrag/pm/fruhdiagnostik-aus-baden-wurttemberg-hilft-sie-zu-stoppen/

4 https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/de/fachbeitrag/pm/nobelpreis-fuer-medizin-an-harald-zur-hausen/

5 https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/de/fachbeitrag/aktuell/humane-papillomviren-und-gebaermutterhalskrebs-ueber-die-zusammenhaenge-aufklaeren/

6 https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/de/fachbeitrag/pm/epigenetische-veraenderungen-sind-selten-von-dauer/

7 http://www.acatech.de/

Originalpublikation:
http://www.acatech.de/fileadmin/user_upload/Baumstruktur_nach_Website/Acatech/root/de/Publikationen/Stellungnahmen/acatech_IMPULS_Biotechnologie_WEB.pdf

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/biotechnologie-eine-schluesseltechnologie-des-21-jahrhunderts