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CureVac strebt mit neuem Krebsimpfstoff in die erste Biotech-Liga

Die aktive Immuntherapie verspricht in der Behandlung von Krebs derzeit die größten Hoffnungen. Das Tübinger Biotech-Unternehmen CureVac will jetzt mit einem weltweit einzigartigen Impfstoff den therapeutischen Durchbruch schaffen. Die ersten klinischen Studien sind kürzlich bereits angelaufen.

Dass zwischen der körpereigenen Immunabwehr und der Entstehung von Krebs eine enge Verbindung besteht, ist seit langem bekannt. So haben Patienten, die nach einer Organtransplantation mit Wirkstoffen zur Unterdrückung der Immunantwort (Immunsuppressiva) behandelt werden, ein drei- bis vierfach höheres Risiko, an einem Tumor zu erkranken. Einige der neuesten Behandlungsstrategien bei Krebs zielen deshalb darauf ab, das Immunsystem der Erkrankten so zu mobilisieren, dass es die Metastasen eines Tumor – und gegebenenfalls auch den Tumor selbst - gezielt bekämpfen kann.

Dass die meisten entarteten Zellen auf ihrer Oberfläche charakteristische Eiweißstrukturen tragen, die als potente Antigene wirken, nutzen zahlreiche Forscher inzwischen für die Entwicklung hochspezifischer Krebsimpfstoffe. Zum Einsatz kommen hierfür neben genveränderten Tumorzellen auch DNA-enthaltende Plasmide und diverse tumor-assoziierte Peptide. Der große therapeutische Durchbruch ist mit diesen Substanzen bislang aber noch nicht gelungen. Ein neuer, vielversprechender Ansatz kommt jetzt allerdings aus dem Labor des Tübinger Biotech-Unternehmens CureVac. Dessen Impfstoff basiert auf einer modifizierten Boten-Ribonukleinsäure (mRNA), die für tumorspezifische Antigene kodiert und nun erstmals bei Patienten mit einem Prostatakarzinom eingesetzt wird.

„Die in die Haut injizierte mRNA führt zur Bildung genau jener Eiweiß-Antigene, die letztlich eine Immunreaktion gegen die Tumorzellen auslösen“, erklärt Dr. med. Thomas Lander, Geschäftsführer und Klinischer Leiter von CureVac, den Wirkmechanismus dieser neuartigen Vakzine, die auf Basis der sogenannten RNActive® Technologie Plattform entwickelt wurde.

Dr. med. Thomas Lander ist Geschäftsführer und Klinischer Leiter von CureVac. © CureVac

In der kürzlich gestarteten klinischen Phase-1 Studie wird nun vor allem die Verträglichkeit und Sicherheit des Impfstoffes geprüft. Lander zeigt sich zuversichtlich: „Im Gegensatz zu den DNA-basierten Vakzinen kann die mRNA nämlich nicht in das Genom der Patienten integriert werden. Damit besteht kein Risiko, dass bleibende Veränderungen im Bereich des Erbgutes auftreten." Da die Immunantwort im Idealfall nur gegen Krebszellen, nicht aber gegen gesunde Zellen gerichtet ist, sind auch nicht die schwerwiegenden Nebenwirkungen einer klassischen Chemo- oder Strahlentherapie zu befürchten.

Doch auch in der Wirkungsweise besitzt der von CureVac entwickelte Impfstoff eindeutige Vorteile. „Vakzine, die beispielsweise tumor-assoziierte Peptide verwenden, greifen nur kleine Sequenzbereiche des Tumor-Antigens heraus. Unser Ansatz hingegen ermöglicht die komplette Expression des korrespondierenden Eiweißes", so Lander. Erst dadurch wird gewährleistet, dass alle für eine Immunantwort relevanten chemischen Strukturen des betreffenden Antigens im Organismus auch tatsächlich zur Verfügung stehen.

 

Weltweit einzigartiges Herstellungsverfahren

CureVac's neuartiger Krebsimpfstoff basiert auf modifizierten mRNA-Molekülen. © CureVac

Bis vor kurzem noch galten mRNA-Moleküle allerdings als viel zu instabil, um therapeutisch eingesetzt werden zu können. Ein von CureVac entwickeltes Verfahren ermöglicht es jetzt aber, die mRNA so zu modifizieren, dass sie in den Zellen nicht sofort wieder abgebaut wird. „Wir verwenden dazu ausschließlich jene Bausteine, die auch natürlicherweise am Aufbau der mRNA beteiligt sind, und setzen diese an bestimmten Stellen ein", berichtet Lander. Anschließend wird die mRNA noch mit positiv geladenen Peptiden komplexiert, was ihre Stabilität zusätzlich erhöht.

„Wir haben uns in der Gründungsphase sehr stark auf die Herstellung dieser neuartigen Moleküle konzentriert", erzählt Lander, „das ist für ein kleines Biotech-Unternehmen in der Startphase sicherlich ungewöhnlich." Doch das Risiko zahlt sich jetzt aus. „Mit unserer patentierten PUREmessenger®-Technologie sind wir weltweit bislang die Einzigen, die RNA nach GMP-Richtlinien produzieren können", erklärt der Mediziner, der vor seinem Engagement bei CureVac viele Jahre in der pharmazeutischen Großindustrie tätig war.

Aktive Immuntherapie erfordert Zeit und Geduld

Als erstes Einsatzgebiet für diese neuartige Impfstoff-Generation wählte CureVac jetzt das Prostatakarzinom. Zum einen kennt man bei dieser Krebsart inzwischen vier verschiedene Tumor-Antigene, die bei fast allen Patienten nachzuweisen sind. Zum anderen handelt es sich hier um einen relativ langsam wachsenden Tumor, was im Fall der aktiven Immuntherapie von großem Vorteil ist. Denn bis ein Krebsimpfstoff seine volle Wirkung entfalten kann, vergehen oftmals bis zu zwölf Monate. „Für einen aggressiv wachsenden Tumor wie das Pankreaskarzinom ist diese Therapieform deshalb leider nur bedingt geeignet“, so Lander.

Die Erfolgsaussichten des von CureVac entwickelten Impfstoffes CV9103 zur Behandlung des Prostatakarzinoms schätzt Lander sehr optimistisch ein: „Die präklinischen Tierversuche verliefen äußerst vielversprechend.“ Es zeigte sich nämlich, dass es zumindest bei Mäusen neben einer spezifischen Immunantwort, auch zu einer deutlichen Verlangsamung des Tumorwachstums kommt. Aus diesem Grund beantragte das Unternehmen jetzt nicht nur in Deutschland, sondern gleich auch noch in den USA die Zulassung zur klinischen Erprobung – beide Male mit Erfolg. „Von den deutschen Behörden wurde uns bereits im Dezember 2008 grünes Licht erteilt, von den amerikanischen einen Monat später“, freut sich Lander.

Möglich werden CureVacs Entwicklungen vor allem Dank des Investments von Dietmar Hopp. Bislang hat der Mitbegründer des Software-Konzerns SAP 35 Millionen Euro in das Tübinger Biotech-Unternehmen eingebracht. Es könnte durchaus sein, dass Hopp schon bald nicht mehr nur als Mäzen des Fußball-Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim für ordentlich Furore sorgt.

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/curevac-strebt-mit-neuem-krebsimpfstoff-in-die-erste-biotech-liga