Die Therapieresistenz von Bauchspeicheldrüsenkrebs
Karzinome der Bauchspeicheldrüse gehören zu den Krebsarten mit der schlechtesten Prognose. In vielen Fällen sind sie resistent gegenüber einer Behandlung. Prof. Dr. Andreas Trumpp und seine Mitarbeiter vom DKFZ und dem Stammzell-Institut HI-STEM haben als Ursache für diese Resistenz eine erhöhte Expression des Enzyms CYP3A5 in Subtypen des Pankreaskarzinoms nachgewiesen. Molekulare Marker zur Unterscheidung der Subtypen verbessern die Diagnostik mit dem Ziel, eine erfolgreichere individualisierte Therapie zu entwickeln.
Prof. Dr. Andreas Trumpp, Leiter der Abteilung Stammzellen und Krebs des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und Geschäftsführer des Stammzell-Instituts HI-STEM gGmbH, einer Public-private-Partnership zwischen dem DKFZ und der Dietmar-Hopp-Stiftung.
© DKFZ / Jutta Jung
„Der weltweiten Anstrengung im Kampf gegen den Krebs ist es zu verdanken, dass Krebspatienten heute länger überleben als vor zehn Jahren. Bei allen häufigen Krebsformen hat sich die Fünf-Jahre-Überlebensrate nach der Krebsdiagnose gesteigert.“ Dieses Resümee zog Prof. Dr. Hermann Brenner, Leiter der Abteilung Klinische Epidemiologie und Alternsforschung am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), in der Pressekonferenz des DKFZ beim Deutschen Krebskongress im Februar 2016 in Berlin. In den fünfzig Jahren seines Bestehens hat auch das DKFZ wesentlich zu dieser Erfolgsbilanz beigetragen. Doch für die Patienten sind die Erfolge bei den einzelnen Krebsarten höchst ungleich bemessen.
Ein extrem bösartiger Krebs
Während bei Brustkrebs und Prostatakrebs (den nach der Zahl der jährlichen Neuerkrankungen häufigsten Krebsarten in Deutschland) die Fünf-Jahres-Überlebensrate 2012 bei 88 bzw. 94 Prozent lag, waren es beim Krebs der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) nur 11 Prozent; diese deprimierende Zahl war in dem vorangegangenen Jahrzehnt nur geringfügig (um 3 Prozent) gestiegen. Die schlechte Prognose und hohe Aggressivität dieses Tumors spiegeln sich besonders in der Anzahl der Krebssterbefälle wider: Sie liegt fast genauso hoch wie die der Neuerkrankungsfälle; in absoluten Zahlen waren das 2012 über 16.000.
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Die Fünf-Jahres-Überlebensraten der häufigsten Krebsarten (Tumorlokalisationen) in Deutschland im Zeitraum 2003 bis 2012.
© GEKID / DKFZ 25.02.2016
Am Pankreaskrebs sterben weit mehr Menschen als an dem viermal häufigeren Krebs der Prostata. Eigentlich beziehen sich diese Angaben nicht auf Krebsarten, sondern auf die in den jeweiligen Organen beobachteten Tumorfälle, denn im gleichen Organ oder Gewebe können unterschiedliche Formen von Krebs vorkommen – unter Umständen auch Metastasen einer ganz anderen Krebsart. Hermann Brenner, der die Zahlen bei der Pressekonferenz des Krebskongresses vorstellte, spricht deshalb von Tumorlokalisationen und nicht von Krebsarten. Beim Krebs der Bauchspeicheldrüse handelt es sich aber in den allermeisten Fällen um eine besonders bösartige Krebsform, das duktale Pankreas-Adenokarzinom (weiterhin kurz als Pankreaskarzinom bezeichnet).
Die Heterogenität des Pankreaskarzinoms
Doch auch die Pankreaskarzinome sind heterogen, obwohl sie bisher in der Klinik meist als einheitliche Krankheit behandelt werden. Wie Andreas Trumpp und seine Mitarbeiter vom DKFZ und HI-STEM-Institut zeigten, lassen sich drei in ihrer Aggressivität und im Ansprechen auf Medikamente stark verschiedene Subtypen unterscheiden.
Immunhistochemischer Nachweis des Enzyms CYP3A5 (grün) in Pankreaskarzinomzellen, nicht aber in gesunden Zellen. Zellkerne sind blau gefärbt.
© DKFZ / Martin Sprick
Etwa ein Fünftel aller Fälle (primär resistente Pankreaskarzinome) sprechen auf Krebsmedikamente wie Erlotinib, einen Tyrosinkinase-Hemmer, und Paclitaxel, einen Wirkstoff aus der Rinde der Pazifischen Eibe, gar nicht an. Mit ihrer neuen, in der renommierten Zeitschrift Nature Medicine publizierten Arbeit konnte das Team von Trumpp nachweisen, dass Zellen dieses Tumor-Subtyps verstärkt das sonst in der Leber aktive Enzym CYP3A5 exprimieren, über dessen Stoffwechselweg diese Mittel gegen Krebs abgebaut werden, bevor sie überhaupt wirken können. Beim zweiten Subtyp, von dem wesentlich mehr Patienten betroffen sind, beobachtet man bei einer Behandlung mit Paclitaxel zwar anfangs eine gute Wirkung, doch bei längerer Gabe werden die Tumorzellen resistent; durch den Wirkstoff induziert, produzieren sie dann vermehrt CYP3A5.
Auch bei anderen Tumoren, zum Beispiel Leberzellkarzinom und Magenkarzinom, fanden die Forscher eine solche sekundäre, CYP3A5-vermittelte Medikamentenresistenz. In Versuchen mit Tumorzellen und tumortragenden Mäusen konnte durch gezielte Hemmung des Enzyms die Resistenz überwunden werden, sodass die Krebszellen wieder auf das Medikament ansprachen. „Wir hoffen nun, Substanzen zu finden, die wir auch beim Patienten einsetzen können“, erklärte Dr. Martin Sprick, Gruppenleiter am HI-STEM.
Diagnostische Marker
Um herauszufinden, an welchem Pankreaskarzinom-Subtyp die Patienten erkrankt sind, haben die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Pankreaszentrum und dem Pathologischen Institut des Universitätsklinikums Heidelberg in einer großen Anzahl von Bauchspeicheldrüsentumoren nach diagnostischen Markern gesucht. In den aus diesen Tumoren gezüchteten Zelllinien identifizierten sie je nach Subtyp entweder das Protein KRT81 oder HNF1A oder keines von beiden. Durch Immunhistochemie lassen sich diese Proteine in den Tumorproben schnell und verlässlich nachweisen. „Diese Marker ermöglichen es nun, verschiedene Typen von Bauchspeicheldrüsentumoren in der Routinediagnostik zu unterscheiden und möglicherweise die Behandlung entsprechend abzustimmen“, erläuterte Andreas Trumpp. „Das Ziel ist, Patienten durch die bessere Diagnostik eine erfolgreichere individualisierte Behandlung anbieten zu können.“