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Telemedizin

eHealth – Auf dem Weg zur vernetzten gesundheitlichen Versorgung

eHealth, Gesundheitstelematik, Telemedizin, Medizinische Informatik: Diese und mehr Begriffe verwirren Patienten und Internetnutzer zunehmend, da sie häufig als Synonym verwendet werden. Prof. Dr. Peter Haas von der Fachhochschule Dortmund ist Mitglied der AG Gesundheitstelematik im Gesundheitsforum Baden-Württemberg und kann hier Licht ins Dunkle bringen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert eHealth als die Anwendung der Informations- und Kommunikationstechnologie für die gesundheitliche Versorgung. Diese sehr allgemeine Darstellung macht deutlich, dass eHealth ein Überbegriff für alle IT-Anwendungen im Gesundheitswesen ist. „eHealth ist damit nichts anderes als Medizinische Informatik", erklärt Prof. Dr. Peter Haas, Professor am Fachbereich Informatik der Fachhochschule Dortmund. IT-Anwendungen im Gesundheitswesen sind nicht neu. Denn zum Beispiel lokale Softwarelösungen für Arztpraxen gibt es schon sehr lange. Man kann daher zwei große Lösungsklassen im Bereich eHealth unterscheiden: A) Die medizinischen Informationssysteme für Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegedienste, also einfach nicht nach extern vernetzte Computersoftware zum Beispiel für die institutionelle Behandlungsdokumentation, oder B) die Vernetzung dieser medizinischen Informationssysteme untereinander beziehungsweise neue telematische Anwendungen, also in Summe die gesundheitstelematischen Anwendungen. Ziel der Gesundheitstelematik ist es somit, das Gesundheitswesen zu Zwecken der besseren Zusammenarbeit und einer integrierten sektorübergreifenden Versorgung zu vernetzen. Die Grundlage dieser Vernetzung bildet die Telematikinfrastruktur, die zwar auf Basis des Internets arbeitet, aber um einige Funktionen zur Datensicherheit erweitert wurde.

Gesundheitstelematik ist nicht gleich Telemedizin

© Dr. Martin Schultz

Im Bereich der Gesundheitstelematik unterscheidet Haas weiterhin zwischen 1) versorgungsbezogenen Anwendungen, die also der direkten Versorgung der Patienten dienen, 2) informationsbezogenen Anwendungen, die für die Recherche medizinischer Informationen oder der Lehre eingesetzt werden, und 3) forschungsbezogenen Anwendungen, die eine vernetzte Gesundheitsforschung ermöglichen.

Im Bereich der versorgungsspezifischen Anwendungen findet man dann auch die Telemedizin wieder, also solche rein medizinischen Anwendungen, die die Zusammenarbeit von Ärzten oder von Ärzten und Patienten direkt bei der Behandlung und bei medizinischer Beratung oder Interventionen unterstützen.

Doch welche behandlungsbezogenen Anwendungen gehören nun zur Telemedizin? Eine der bekanntesten Anwendungen, die auch schon den Sprung in das Ende 2015 verabschiedete Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) geschafft hat, ist die Teleradiologie. So werden ab April 2017 Telekonsile, also die Beratung von Ärzten untereinander bei der Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen (Radiologie) vergütet. Hier kann also der Radiologe die Bilddaten an den behandelnden Arzt senden und sich sogar noch mit ihm darüber austauschen. Ab Juli 2017 ist auch die Online-Videosprechstunde in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen worden.

Überwachung trotz räumlicher Trennung

Pilotprojekt zur telemedizinischen Betreuung von COPD-Patienten © Philips

Ein weiteres wichtiges Anwendungsbeispiel stellt das Telemonitoring dar. Dabei werden zum Beispiel die biologischen Messwerte der Patienten mittels spezieller vernetzungsfähiger Geräte oder Sensoren überwacht. Die Daten werden im Anschluss über Telemetrie von dem Sensor an eine räumlich getrennte Einrichtung, wie zum Beispiel das Krankenhaus, übertragen, wo sie ausgewertet und überwacht werden Das Monitoring von Herzfunktionen bei Patienten mit chronischen Herzerkrankungen wurde zum Beispiel im Zentrum für kardiovaskuläre Telemedizin der Charité Berlin erfolgreich getestet. Weitere Anwendungen wie das telemedizinische Monitoring bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) werden unter anderem durch das Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse und Philips Healthcare durchgeführt.

E-Health-Gesetz verabschiedet

Die versorgungsbezogenen Anwendungen der Gesundheitstelematik umfassen aber nicht nur die Telemedizin, sondern noch weitere unterstützende Bausteine, die ebenfalls im E-Health-Gesetz zu finden sind. So bilden eCommunication-Anwendungen (elektronische Punkt-zu-Punkt-Kommunikation von Informationen, Dokumenten etc.) einen bedeutenden Teil der Gesundheitstelematik. Dies umfasst unter anderem den eArztbrief. Die eDocumentation (Tele-Dokumentation, also die gemeinsame einrichtungsübergreifende Dokumentation z.B. im Rahmen einer einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientenakte) ist ebenfalls Bestandteil der behandlungsbezogenen Gesundheitstelematik. Dazu gehören zum Beispiel die Arzneimitteldokumentation und die Notfalldaten der Patienten. So soll ab Oktober 2016 Versicherten, denen mindestens drei Medikamente verabreicht werden, ein Medikamentationsplan zur Verfügung stehen, der mittelfristig über die elektronische Gesundheitskarte abrufbar sein soll. Weiterhin beinhaltet das Gesetz, dass ab dem Jahr 2018 Notfalldaten auf der Karte gespeichert werden können. Das neue Gesetz unterstützt also verschiedene Anwendungen der versorgungsbezogenen Gesundheitstelematik.

Für Haas ist das Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung. „Bisher wurde es als Vorwand benutzt, dass die Ärzte die Anwendungen der Gesundheitstelematik nicht abrechnen konnten, um nicht in die neue Technik einzusteigen", erklärt Haas. „Dies war bisher das größte Hemmnis." Mit den neuen Vergütungsverfahren wäre nun ein Anreiz geschaffen, Abrechnungs- sowie Verwaltungsvorgänge zu vereinfachen und zu beschleunigen und zum Beispiel einen Behandlungsplan aufzustellen, der den verschiedenen behandelnden Ärzten zur Verfügung steht und immer auf dem aktuellsten Stand ist. Auf Basis der Gesundheitstelematik und der Telematik-Infrastruktur könnten Informationen einrichtungsübergreifend genutzt werden und so mehr als heute der Patient und seine Behandlung und nicht die aufwendigen Verwaltungsvorgänge im Vordergrund stehen.

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