Empa Testmaterials: geht Waschprozessen auf den Grund
Ungenügende Waschhygiene bewirkt in Waschmaschinen und Geschirrspülern die Bildung von Biofilmen, die ein potenzielles Gesundheitsrisiko birgt sowie zur Geruchsbildung und Biokorrosion führen kann. Die Empa Testmaterials AG arbeitet an verschiedenen Forschungs- und Entwicklungsprozessen von Testsystemen und -materialien zur Überprüfung der Biofilm-Entfernung in der Waschmaschine und erfasst die Hygiene-Wirkung einzelner Waschzyklen. Als Kompetenzzentrum im Bereich Waschen und Reinigen ist das Unternehmen auf die Beurteilung von Wasch- und Reinigungsverfahren bezüglich Wirksamkeit, Energieeffizienz, Schädigung und Hygiene spezialisiert. Ein Eckpfeiler sind Herstellung und der weltweite Vertrieb von Prüfmaterialien wie standardisierte Anschmutzungen und Färbungen. Zudem werden laufend neue Prüfverfahren entwickelt.
Daniel Fäh, Geschäftsführer der Empa Testmaterials AG, mit Caroline Amberg, Projektleiterin für Mikrobiologie des Unternehmens
© Michael Statnik
Haushaltswaschprozesse haben sich aufgrund der Entwicklung synthetischer Textilien und dem Nachhaltigkeitsgedanken in den letzten Jahren stark verändert. So hat die Verwendung bleichehaltiger Waschmittel abgenommen, während auch der Wasserverbrauch und die durchschnittliche Waschtemperatur sanken. Enormen Einfluss hat dies sowohl auf die Waschwirkung, das heißt die Schmutz- und Geruchsentfernung, wie auch auf die Hygiene. Diese Trends führen mit größter Wahrscheinlichkeit zu einer schlechteren Keimentfernung im Waschprozess. Verschiedenste dort vorkommende Risikokeime bewirken, dass man auch mit einem höheren Gesundheitsrisiko rechnen muss. Von der Waschmaschinenindustrie werden verschiedene Strategien zur Verhinderung oder Beseitigung von Biofilmen in der Waschmaschine entwickelt. Jedoch fehlen bis heute passende Standards und Testmethoden, um die Hygiene-Performance in situ zu bestimmen und die Wirkung gegenüber Biofilmen abzuschätzen. Hier setzt die Arbeit der Empa Testmaterials an. Das Unternehmen aus St. Gallen entwickelt Testmethoden, damit Programme, Waschrohstoffe sowie spezielle Reinigungszyklen und Waschmaschinen-Reiniger auf ihre Hygienewirkung hin überprüft werden können.
Kampf den Bakterienteppichen
In Waschmaschinen-Biofilmen enthaltene Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa stehen im Fokus der Untersuchungen der Empa Testmaterials.
© Empa Testmaterials
„Waschmaschinen laufen bei uns jeden Tag, jedoch nicht alle miteinander. Zur Zeit haben wir verschiedene Modelle verfügbar“, berichtet Caroline Amberg, Projektleiterin für Mikrobiologie der Empa Testmaterials. Sie und ihr Team haben es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, einen reproduzierbaren und lagerbaren Biofilm mit Mikroorganismen für ein Testverfahren zu entwickeln, mit dem die Biofilm-Entfernung quantifiziert werden kann. „Vom ersten Anhaften bis zum reifen Biofilm variieren die verschiedenen Anteile an Zellen und Biofilm-Matrix (exopolymere Substanz = EPS) sehr stark“, umschreibt die Biologin die Herausforderung. Eine Reinigung in der Waschmaschine oder im Geschirrspüler stellt einen sehr komplexen Prozess dar, bei dem Mechanik, Chemie und Biologie zusammenwirken. „Dieser Prozess lässt sich somit in einem Suspensionstest, wie das für die Desinfektionsmittelprüfung üblich ist, nicht simulieren“, sagt Daniel Fäh, Geschäftsführer des Unternehmens, das als Spin-off der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) hervorgegangen ist.
Die übel riechenden schleimigen Filme können Krankheitserreger enthalten und die Gesundheit beeinträchtigen, vor allem bei medizinischen Implantaten, wo sie schlimme Entzündungen hervorrufen können. „Es gibt allerdings bis jetzt keine fundierten Studien, die Krankheitsausbrüche mit schlechter Waschhygiene in Zusammenhang bringen konnten“, so Caroline Amberg. Zur Hygiene-Überprüfung von Waschprozessen hat das St. Gallener Unternehmen jüngst bereits ein Testsystem entwickelt, dass bei Waschmaschinen- oder Detergent-Herstellern inhouse verwendet werden kann. „Risikoklasse-1-Testmikroorganismen und ein einfaches Protokoll erlauben hierbei die Prüfung ohne mikrobiologisches Labor“, bemerkt die Biologin.
Zur Analyse von Biofilmen aus Waschmaschinen wurden insgesamt elf Waschmaschinen aus den USA, Asien und Europa untersucht. „Hier spielen unterschiedliches Klima, Wasserqualität und andere Waschgewohnheiten eine wichtige Rolle. Die amerikanischen Testgeräte wiesen beispielsweisen mehr Schimmel auf“, fasst Caroline Amberg zusammen. Etwa 70 verschiedene Keime wurden aus den Waschmaschinen-Biofilmen isoliert, davon gehört rund ein Drittel zur Risikoklasse 2. Die Keime bilden ein potenzielles Gesundheitsrisiko für den Menschen. Dazu gehören unter anderem Pseudomonas aeruginosa, Burkholderia cepacia, Trichosporon sp. oder Serratia marcescens. Die gesammelten Erkenntnisse sind aufgrund des laufenden Projekts jedoch noch vertraulich.
Konventionelle Tests
Die Bildung von Biofilmen in Waschmaschinen birgt ein potenzielles Gesundheitsrisiko.
© Empa Testmaterials
Neben dem Waschhygiene- und dem Biofilm-Projekt führt die Empa Testmaterials ebenfalls zahlreiche standardisierte Verfahren und Hygiene-Routineprüfungen durch, darunter Hautverträglichkeitstests, Desinfektionsmittelprüfungen sowie Untersuchungen zur biologischen Abbaubarkeit, die an die jeweilige Fragestellung angepasst werden. Hierbei fließen immer wieder eigene Erkenntnisse des Unternehmens zur Optimierung von Methoden mit ein. Ein Beispiel ist die Erfassung der antimikrobiellen Wirksamkeit von ausgerüsteten Textilien. „Immobilisierte Ausrüstungen lassen sich zum Beispiel schlecht im Agardiffusionstest prüfen, weil der Wirkstoff nicht diffundiert, während Silberschichten durch hohe Proteinladungen inaktiviert werden und wir deshalb beim Prüfen dieser Ausrüstungen die Proteinladung in der Bakteriensuspension reduzieren", konstatiert Caroline Amberg. Durch diesen Schritt wird einem verfälschten Resultat vorgebeugt. Oberste Priorität in der Vorgehensweise des Empa Testmaterials AG Teams habe deshalb, „die Aussagekraft und -grenzen einer Norm zu sehen und nicht blind nach einer bestimmten Norm zu prüfen“, wie Daniel Fäh betont.
Künstliche Anschmutzung mit Blut- und Weinflecken
Des Weiteren produziert und vertreibt das 25-köpfige Unternehmen weltweit künstliche Anschmutzungen und Testgewebe zur Beurteilung von Waschprozessen. Unter künstlicher Anschmutzung wird standardisierter Schmutz verstanden, der sich stabil verhält und reproduzierbare Ergebnisse beim Waschen liefert. „Wein- und Blutanschmutzungen enthalten tatsächlich Blut und Wein, werden aber stabilisiert und gealtert, um gleichbleibende Ergebnisse mit geringen Standardabweichungen zu erhalten“, verweist Daniel Fäh. Besonders von Interesse für die Waschindustrie seien ihm zufolge im Zuge der tendenziell sinkenden Waschtemperaturen bleichbare Flecken wie Tee, Obst und Wein, zumal die Bleichwirkung temperaturabhängig ist. „Auch Flecken, die mit Hilfe von Enzymen entfernt werden können, darunter beispielsweise Blut und Milch, müssen auch bei tieferen Temperaturen noch gut entfernt werden können“, resümiert der Chemiker.
Dementsprechend müssen die von der Empa Testmaterials AG produzierten Testgewebe bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um für die verschiedenen Untersuchungen und Analysen anwendbar und „consumer relevant“ zu sein. Relevant ist hierbei deren Sensitivität auf die zu detektierende Zielgröße, das heißt zum Beispiel Enzymwirksamkeit, Temperatur, Tensidmenge und Bleiche, um nur einige zu nennen. „Gefragt ist ebenso eine Reproduzierbarkeit, stabiles Lagerverhalten sowie eine gute Differierbarkeit zwischen verschiedenen Produkten oder Anwendungen“, konstatiert der Geschäftsführer.
Studien zur Waschwirkung
Einen weiteren Fokus setzt die Empa Testmaterials auf die Untersuchung und Bewertung von Waschverfahren und Waschmaschinen hinsichtlich ihrer Waschwirksamkeit. Ein Beispiel ist die Beurteilung der Enzym-Wirkung in Waschmitteln mit künstlich angeschmutzten Testgeweben. Dazu werden beispielsweise amylase-, protease-, lipase-, cellulase- oder mannanasesensitive Anschmutzungen verwendet, welche auf Textilien aufgebracht werden und anschließend gewaschen werden. Daraufhin wird mittels eines Spektralphotometers die Aufhellung und somit die Schmutzentfernung bestimmt.
Laufende Kooperationsprojekte am Bodensee
Die Testverfahren und -materialien werden von der Empa Testmaterials AG unter anderem im Rahmen von Kooperationen bei F&E-Projekten mit der Industrie entwickelt. Für die Produktion seiner Teststreifen arbeitet das Unternehmen bereits mit verschiedenen regionalen Firmen im Bodenseeraum zusammen und engagiert sich seit Kurzem auch im BioLAGO-Netzwerk. Weitere Partner wie zum Beispiel Hersteller von Waschmaschinen und Spülmaschinen sowie deren Zulieferanten, aber auch Waschmittelhersteller und deren Zulieferer aus dem Chemie-Sektor im In- und Ausland sind gern willkommen. Im Fokus der Arbeit des St. Gallener Unternehmens steht insbesondere, Antworten darauf zu geben, welches Waschmittel, Waschverfahren oder welcher Waschrohstoff das beste Resultat, d.h. ohne Gewebeschädigung und geringster Farbübertragung liefert und somit eine einwandfreie Hygiene garantiert. „Auch einer Zusammenarbeit mit Prüfinstituten im Bereich Waschen, Reinigen, Hygiene sowie mit Hochschulen mit den Tätigkeitsfeldern Biofouling und Biofilm-Analytik, Biosensoren oder aber Keime-Nachweis stehen wir offen gegenüber“, bemerkt Geschäftsführer Daniel Fäh.