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Gastbeitrag

Erfahrungsbericht: Forschung in Chinas Hauptstadt

Jacqueline Hirsch verbrachte vier Monate als Postdoc-Stipendiatin des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg am State Key Laboratory for Biology of Plant Diseases and Insect Pests (SKLBPI) in Peking. Dort arbeitete sie in Kooperation mit dem Chinese Ministry of Agriculture (MoA) - CABI Joint Laboratory for Bio-safety (Joint Lab) an Insektenschädlingen und deren natürlichen Gegenspielern in transgener Baumwolle. Hier berichtet sie von ihrem Auslandsaufenthalt.

Jacqueline Hirsch mit Mitarbeitern des SKLBPI

„China ist der größte Baumwollproduzent weltweit. Die jährlichen Erträge und damit auch der wirtschaftliche Gewinn für das Land werden jedoch hauptsächlich durch Pflanzenkrankheiten und Insektenschädlinge beeinflusst. Seit dem Anbau von gentechnisch veränderter Baumwolle gegen den Baumwollkapselwurm und der damit verbundenen Reduktion von chemischen Pflanzenschutzmitteln, entwickeln sich vermehrt sogenannte Sekundärschädlinge zum Problem. Um den Einsatz von Insektiziden gegen diese Schaderreger zu reduzieren, ist man am SKLBPI und dem Joint Lab in Peking auf der Suche nach neuen biologischen Bekämpfungsmöglichkeiten.

Im Rahmen dieser Problematik konnte ich mit beiden genannten Institutionen zusammen arbeiten und meine persönlichen Forschungsinteressen und Erfahrungen einbringen (mehr Informationen zum Forschungsprojekt und den Ergebnissen finden Sie in meinem Weblog: Siehe Link). Man hat mir von Anfang an Vertrauen entgegengebracht und viel Freiraum zum selbständigen Arbeiten geboten. Es standen moderne Geräte zur Verfügung und besonders schätzenswert ist die wissenschaftliche Infrastruktur in Peking. Peking bündelt eine Vielzahl an Agrar-Forschungseinrichtungen und bietet somit wissenschaftliche Kompetenz in unterschiedlichsten Bereichen.

Gewöhnungsbedürftig war für mich jedoch die Umtriebigkeit im Labor. Viele Studenten, Doktoranden und Postdocs arbeiten dort größtenteils sogar am Wochenende und die Labore sind bis auf die „chinesische Mittagspause“ meistens voll besetzt. Am SKLBPI beginnt die Mittagspause zwischen 11.30 und 12.00 Uhr mit dem Essen in der Kantine. Danach halten viele Chinesen Mittagsschlaf, um schließlich zwischen 14.00 und 14.30 Uhr zurück ans Institut zu kommen. Diese, aus deutscher Sicht, außergewöhnlich lange Mittagspause habe ich zumeist genutzt, um im Labor in Ruhe zu arbeiten. Es sei denn, ein Chinese hat seinen Mittagsschlaf auf einem Klappbett zwischen den Laborbänken gehalten.

Die Überbevölkerung in Peking

Die Hauptstadt der Volksrepublik China fühlt sich mit ihren ca. 20 Millionen Einwohnern wie ein großer wuseliger Ameisenhaufen an. Zu jeder Tages- und Nachtzeit begegnet man Menschen auf der Straße und die U-Bahnen und Busse sind meistens überfüllt. Abgesehen von seinen eigenen vier Wänden findet man deshalb selten Momente, in denen man wirklich alleine ist. Aufgrund dieser Überbevölkerung gehört Geduld und Gelassenheit wohl zu den zwangsläufigen Tugenden der Chinesen, die man sich selbst schnellstmöglich, wenn nicht schon vorhanden, in China ebenfalls aneignen sollte.

Land und Leute

Jede freie Minute außerhalb des Labors habe ich dazu genutzt, um Land und Leute besser kennen zu lernen. Peking bietet eine Menge kultureller Sehenswürdigkeiten. Besonders gut gefallen hat mir das 798 Künstlerviertel und der botanische Garten im Nordwesten der Stadt. Neben Peking habe ich mir die Städte Qingdao (und sein International Beer Festival, eine mehr oder weniger gute Kopie des Oktoberfestes) und Xi’an angesehen. Xi’an ist aufgrund der Terrakottaarmee ein beliebtes Ausflugsziel sowohl für „Westler“ als auch für Chinesen. Ein weiteres unvergessliches Highlight war die Einladung zu einer traditionellen chinesischen Hochzeit. Zahlreiche Bilder und kurze Geschichten zu den einzelnen Erlebnissen finden Sie ebenfalls in meinem Weblog.

Mein Résumé

Rückblickend kann ich sagen, dass nicht immer alles ganz einfach in China war. Trotz alle dem oder vielleicht auch gerade deshalb, hat dieser Auslandsaufenthalt meinen persönlichen Horizont extrem erweitert. Ich habe viele nette Menschen kennen gelernt, tolle Erlebnisse gehabt und einen tieferen Einblick in die chinesische Kultur gewonnen. Allen zukünftigen Stipendiaten kann ich nur mit auf den Weg geben:  Don´t worry! Irgendwie regelt sich alles in China, auch wenn es anfänglich nicht immer den Anschein danach hat.

Abschließend möchte ich mich bei Prof. Dr. Rolf Schmid (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg) und Prof. Dr. Kongming Wu (State Key Laboratory for Biology of Plant Diseases and Insect Pests) für diesen unvergesslichen Aufenthalt in Peking bedanken. Ein weiterer Dank geht außerdem an die Mitarbeiter des SKLBPI und Joint Lab, die mir stets mit Rat und Tat zur Seite standen."

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/erfahrungsbericht-forschung-in-chinas-hauptstadt