Erfolgreiche grenzübergreifende Zusammenarbeit zum Virusnachweis in Biopharmazeutika
Ein nicht zu unterschätzender Aspekt bei der Herstellung von Biopharmazeutika ist die Ermittlung der virusabreichernden oder virusinaktivierenden Wirkung der einzelnen Herstellschritte. Das Labor Dr. Merk & Kollegen GmbH mit Sitz in Ochsenhausen im Landkreis Biberach ist hierzu eine erfolgreiche Kooperation mit dem Ostschweizer Unternehmen Microsynth AG eingegangen. Schwerpunkt dieser Zusammenarbeit ist der Einsatz der quantitativen Polymerase Chain Reaction (qPCR) zur Bestimmung der Virusbelastung in biopharmazeutischen Zwischenprodukten.
Christof Wunderlin, Co-CEO, Microsynth AG
© Microsynth AG
Im Gegensatz zu bakteriellen und pilzlichen Mikroorganismen sind Viren sehr viel kleiner und haben nicht selten ähnliche Dimensionen wie pharmazeutisch aktive Moleküle. Aus diesem Grund können nicht alle Viren durch Filtration aus den Biopharmazeutika entfernt werden. Deshalb müssen andere Strategien verfolgt werden, um die Virussicherheit von Biopharmazeutika zu gewährleisten. Einfach ausgedrückt basiert die Virussicherheit auf drei Säulen: Der Auswahl geeigneter Ausgangsmaterialien, der Prüfung von Zwischen- und Endprodukten auf Virusfreiheit sowie der Virusinaktivierung und Virusabreicherung während der Herstellung. Diese drei Säulen sollen sicherstellen, dass die Biopharmazeutika frei von Viren sind.
Klassischerweise werden zum Virusnachweis virusempfängliche Zellkulturen eingesetzt. Zellbasierte Tests sind sehr sensitiv, da bereits ein einziges infektiöses Virus pro beimpfter Zellkultur ausreichend sein kann, um die Zellen zu infizieren. Ausgehend von einer infizierten Zelle verbreitet sich die Infektion auf umliegende Zellen, was schließlich als zytopathischer Effekt mikroskopisch detektiert werden kann. Aus regulatorischer Sicht sind diese Tests ausreichend, da auf diese Weise auf das Vorhandensein von vermehrungsfähigen, infektiösen Viren geprüft wird. Man kann mit dem Virusnachweis in Zellkultur allerdings nicht unterscheiden, ob die Viren tatsächlich aus dem Produkt entfernt wurden, oder ob sie inaktiviert wurden. Inaktivierte Viren sind nicht mehr in der Lage, Zellen zu infizieren und werden somit auch nicht im zellbasierten Test erfasst. Bei manchen Herstellschritten kann es aber erforderlich sein, den Prozess genauer zu charakterisieren. Bei einigen Chromatografiemethoden zum Beispiel oder auch bei Fällungsschritten mit organischen Lösemitteln beruht die Viruseliminierung sowohl auf Abtrennung als auch auf Inaktivierung. Hier bieten sich Nukleinsäure-basierte Methoden als ergänzende Analytik an. Mittels Polymerase Chain Reaction (PCR) lässt sich feststellen, ob in den unterschiedlichen Fraktionen Virusgenome vorhanden sind.
Dr. Benjamin Zeitler, Projektmanager, Labor Dr. Merk & Kollegen GmbH
© Labor Dr. Merk & Kollegen GmbH
Zusammen mit den Ergebnissen der zellbasierten Tests lässt sich somit beurteilen, ob die eingesetzten Viren entfernt wurden oder ob der Prozessschritt die Viren inaktiviert hat.
Internationale Kooperation zum qPCR-Nachweis
„Ob die Viren entfernt oder inaktiviert wurden, lässt sich am einfachsten und günstigsten auf Genombasis erfassen", stellt Dr. Benjamin Zeitler, Projektmanager Labor Dr. Merk & Kollegen GmbH, fest und ergänzt: "Für uns ist es also interessant, zusätzlich zu den zellbasierten Tests für häufig verwendete Modellviren auch Nukleinsäure-basierte Nachweismethoden, wie zum Beispiel die qPCR anzubieten." Die quantitative PCR (qPCR) ermöglicht eine sehr sensitive und genaue Quantifizierung von viraler Erbsubstanz. Mit Hilfe von fluoreszenzmarkierten Sonden kann die Quantifizierung direkt während der Amplifikation vorgenommen werden. Zur Isolierung des Reaktionsmixes werden zum Beispiel auch Pipettierroboter eingesetzt.
Dr. Vital Wohlgensinger, Projektleiter, Microsynth AG
© Microsynth AG
Das Labor Dr. Merk & Kollegen GmbH mit Sitz in Ochsenhausen im Landkreis Biberach machte sich bereits Ende 2011 auf die Suche nach einem Partner, der bei Bedarf das vorhandene Dienstleistungsspektrum um qPCR-Methoden ergänzen kann. Fündig wurden sie in der Schweiz beim Unternehmen Microsynth AG mit Sitz in der Ostschweiz. „Eine Anfrage, die zum richtigen Zeitpunkt kam", bestätigt auch Dr. Vital Wohlgensinger, Projektleiter bei der Microsynth AG: „Unser Labor hatte bereits einen bovine viral diarrhea virus (BVDV)-qPCR-Nachweis im Portfolio. Es handelte sich dabei um einen validierten Test, der bei Microsynth AG bestens etabliert war. Das war natürlich ein Pluspunkt, da nicht erst ein Test entwickelt und validiert werden musste, sondern sofort mit der Untersuchung der Proben angefangen werden konnte". Die Microsynth AG war bei allen Projekten innerhalb der Kooperation mit dem Labor Dr. Merk & Kollegen GmbH für die Isolierung der viralen Erbsubstanz und für die darauffolgende quantitative PCR-Analyse inklusive Assayentwicklung zuständig.
Neben dieser – fachspezifischen – Voraussetzung spielen noch zwei weitere Faktoren eine Rolle: Der gemeinsame Qualitätsstandard sowie die räumliche Nähe. Beide Labore verfügen über ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001 und führen Prüfungen gemäß „Gute Herstellungspraxis" (GMP) und „Gute Laborpraxis" (GLP) durch. Schließlich war auch die räumliche Nähe, ca. 100 km Entfernung voneinander, ein Vorteil, um einen schnellen und korrekten Probentransport sicherzustellen.
Weiterentwicklung der qPCR auf andere Virusstämme
Die Pipettierroboter werden für die Isolierung und die Pipettierung des Reaktionsmixes verwendet.
© Microsynth AG
In der ersten Phase wurden bereits qPCR-Tests für die behüllten Modellviren PRV (Pseudorabiesvirus) und MuLV (Murines Leukämievirus) etabliert und validiert. Zusätzlich zu dem bereits etablierten BVDV-Test können diese Assays schon jetzt dem Kunden angeboten werden. In der zweiten Phase sollen weitere Assays für die unbehüllten Modellviren MVM (Minute Virus of Mice) und Reovirus 3 etabliert und validiert werden.
Diese Dienstleistung ist für jeden interessant, der eines der oben genannten Viren quantifizieren oder nachweisen will. In erster Linie ist die Dienstleistung aber für Hersteller von Biopharmazeutika gedacht, die damit Ergebnisse aus zellbasierten Virusassays ergänzen wollen. Durch die Kombination von Zellkultur und qPCR ergibt sich schließlich ein Gesamtbild, das zur Beurteilung der Virussicherheit von Biopharmazeutika herangezogen werden kann.
In der Zukunft werden das Labor Dr. Merk & Kollegen GmbH und die Microsynth AG ihre Zusammenarbeit noch weiter ausbauen. „Ein Austausch von Unternehmen zu Unternehmen oder auch zu Hochschulen kann jedem einzelnen Partner etwas bringen. Dies ist auch ein Grund, weshalb Microsynth AG beim Life Science Netzwerk BioLAGO e.V. Mitglied ist", zieht Christof Wunderlin, Co-CEO, Microsynth AG, ein Fazit zum Nutzen einzelner Kooperationen und der Zusammenarbeit in einem Netzwerk.