Felicitas Pröls – eine Allrounderin in der Anatomie
Pflanzenforschung, molekulare Entwicklungs- und Zellbiologie, Anatomie – das sind nur einige der Gebiete, die sich Prof. Dr. Felicitas Pröls von der Universität Freiburg im Verlauf ihrer Karriere mit großem Erfolg erschlossen hat. Seit neuestem beschäftigt sie sich auch mit der molekularen Neurobiologie. „Die berufliche Vielfalt steht für mich im Vordergrund und ist auch der Grund dafür, dass ich mit meiner Berufswahl glücklich bin“, sagt die Forscherin. Und ganz nebenbei macht sie auch noch immer wieder einen Schritt in eine ganz andere Welt.
Prof. Dr. Felicitas Pröls
© Prof. Dr. Felicitas Pröls
Das lebhafte Interesse an der Vielfalt der Phänomene ist eine gute Voraussetzung für eine Wissenschaftlerin. Prof. Dr. Felicitas Pröls vom Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universität Freiburg ist heute versiert in den unterschiedlichsten Methoden und auf den unterschiedlichsten Gebieten der Biologie. Sie erforscht mit molekular- und zellbiologischen Methoden Zelldifferenzierungsvorgänge und hat inzwischen zahlreiche Publikationen veröffentlicht. Sie unterrichtet, betreut Diplom- und Doktorarbeiten von Biologen und Medizinern und leitet sie beim Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten an. Außerdem lehrt sie in der Histologie, der makroskopischen Anatomie und der Entwicklungsbiologie. Seit nunmehr zehn Jahren untersucht sie in der Abteilung für molekulare Embryologie, welche Gene die Entwicklung des Hühnchenembryos steuern. „Auf dem Gebiet der Biomedizin gibt es sehr viele interessante Töpfe“, sagt Pröls. „In den letzten Jahren habe ich in einige dieser Töpfe genauer geschaut.“
Von Pflanzen zu Arterien
1957 in Bad Homburg geboren, erlebte Pröls die Welt früh aus der Bewegung heraus. Die Eltern zogen oft um, zunächst nach Bremerhaven, später nach Dieburg und schließlich nach Groß-Umstadt. Das brachte einige Schulwechsel mit sich. Für das Studium der Biologie zog die junge Erwachsene nach Gießen; die Lebenswissenschaft wählte sie, weil sie Vielseitigkeit versprach. Sie absolvierte sowohl das Diplom als auch das erste Staatsexamen, sie wollte sich möglichst viele Wege offen halten. In ihrer Diplomarbeit beschäftigte sie sich dann mit der Pflanzenforschung. 1982 trat sie eine Stelle als Diplombiologin am Kölner Max-Planck-Institut für Neurologische Forschung an. Dort untersuchte sie den Metabolismus von Mitochondrien in Nervenzellen, die sich nach einem Schlaganfall erholen. Die Arbeit mündete in sieben Originalveröffentlichungen. 1986 ging sie an das Kölner Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung und begann mit ihrer Promotion im Bereich der molekularen Biologie. Jetzt ging es wieder um Pflanzen, genau genommen um damals aufsehenerregende Experimente mit transgenen Züchtungsformen von Petunien. In einem erstklassigen Forschungsumfeld entstanden nicht nur Daten für die Promotion, sondern auch wieder drei Publikationen und mehrere kleine Buchbeiträge.
In den Zellen, die den Hohlraum einer sich entwickelnden Arterie (im Zentrum des Bildes) abschließen, sind die Produkte des MDG1-Gens blau angefärbt. Die Aufnahme zeigt, dass das Chaperon während der Arteriogenese gebildet wird.
© Prof. Dr. Felicitas Pröls
Nach ihrer Promotion 1990 begann Pröls das Referendariat an einem Gymnasium in Niederkassel, wo sie zwei Jahre lang als Lehrerin für Biologie und Chemie arbeitete. „Das hat mir sehr viel Spaß gemacht, obwohl es etwas völlig anderes war als die Forschungsarbeit“, erinnert sich Pröls. Ein Erlebnis, das noch seine Auswirkung haben würde. Mit dem zweiten Staatsexamen in der Tasche ging sie 1992 nach Erlangen und arbeitete als spezialisierte Molekularbiologin in den nephrologischen Laboratorien der Universität – also wieder in der Wissenschaft. Jetzt ging es um die Entwicklung von Blutgefäßen beim Menschen. Sie identifizierte und untersuchte Gene, die in sich erneuerndem Gefäßgewebe aktiv sind. Pröls konnte sich mit zehn Publikationen auch in diesem Forschungsgebiet erfolgreich etablieren. Dabei stieß sie unter anderem auf das mikrovaskuläre Differenzierungsgen 1 (MDG1) aus der Familie der Chaperone. Chaperone helfen neu gebildeten Proteinen, sich korrekt zu falten und spielen offenbar auch bei der Gefäßentwicklung eine Rolle. Die Gefäßforschung brachte Pröls 1998 schließlich nach Freiburg zur molekularen Entwicklungsbiologie des Hühnchens am Lehrstuhl von Prof. Bodo Christ. Das Vogelmodell erlaubte ihr, weiter die Rolle des neu identifizierten Chaperons während der Embryonalentwicklung, insbesondere bei sich bildenden Gefäßen, zu untersuchen. „Als Molekularbiologin habe ich mich hier aber auch schnell in die allgemeine Entwicklungsbiologie eingearbeitet“, sagt Pröls. „In meiner bisherigen Freiburger Zeit habe ich mehr als 20 Publikationen auf dem Gebiet veröffentlicht.“
Der Hühnchenembryo und eine ganz andere Welt
Ein drei Tage alter Hühnchenembryo
© Prof. Dr. Felicitas Pröls
In Freiburg habilitierte sich Pröls 2003 in der Anatomie. Inzwischen war die erfolgreiche Molekularbiologin auch versiert in allen Gebieten der Anatomie, inklusive der Embryonalentwicklung des Hühnchenembryos. Sie untersuchte neben der Rolle der Chaperone jetzt auch die Rolle anderer Gene und Moleküle, die die Musterbildung in den Vorläufergeweben von Muskeln, Gefäßen und Knochen steuern. Dabei machte ihr auch die Lehre in der Histologie, Makroskopie und Entwicklungsbiologie viel Spaß. „Die Arbeit mit Studenten bringt mir noch heute immer wieder neue Impulse“, sagt die Biologin. Mit der aktuellen Übernahme des Christ-Lehrstuhls durch die Neurowissenschaftlerin Prof. Dr. Kerstin Krieglstein will Pröls ihre molekular- und zellbiologische Expertise jetzt auch im Bereich des sich entwickelnden Nervensystems nutzen. Krieglstein ist Expertin für Signalverarbeitung in Neuronen. Unlängst fand sie heraus, dass bestimmte Nervenzellen in ihrer Entwicklung nur auf Wachstumsfaktoren ansprechen und zu wachsen beginnen, wenn sie zuvor mit dem Wachstumsfaktor TGF-ß in Kontakt getreten sind. Wie dieses zelluläre Gedächtnis auf molekularer Ebene funktioniert, will Pröls in den nächsten Jahren untersuchen.
Seit neuestem unterrichtet die Biologin aber auch wieder stundenweise im Freiburger Rotteck-Gymnasium Chemie und Biologie. „Die Universität hat ihre eigenen Gesetze und Regeln“, sagt Pröls. „Und genauso die Schule. Ich fahre mit meinem Fahrrad von der Uni zur Schule und zurück und habe das Gefühl, dass ich zwischen zwei unterschiedlichen Welten pendle.“ Im Jahr 2012 läuft Pröls Vertrag am Institut aus. Wie es danach weiter geht, kann sie jetzt noch nicht sagen. Aber es bleibt spannend.