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FoodSolutionsTeam - Statt in den Trog auf den Tisch

Bei der Verarbeitung von Obst, Gemüse und anderen pflanzlichen Rohstoffen bleiben große Mengen an Nebenprodukten übrig, die nicht für das Endprodukt benötigt werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um Pressrückstände aus Öl- oder Saftpressen, die noch viele wertvolle Inhaltsstoffe enthalten, aber nicht mehr in Lebensmitteln eingesetzt werden. Das FoodSolutionsTeam (FST) aus Konstanz entwickelt Technologien zur Umwandlung dieser Nebenprodukte zu wertvollen neuen Lebensmittel-Zutaten, die sich für den menschlichen Verzehr eignen. Dafür werden verschiedene Verarbeitungsprozesse getestet und kombiniert, bis eine Methode für die Transformation und den Einsatz in Lebensmitteln gefunden ist.

„Es ist erschreckend, wie viel wertvolle Nahrungsmittelbestandteile in der Produktionskette für den menschlichen Verzehr verloren gehen“, sagt Andreas Herzig, Geschäftsführer des FoodSolutionsTeam (FST). Das Konstanzer Unternehmen versucht dieser Problematik entgegenzuwirken und entwickelt innovative Zutaten aus bisher fast wertlosen Nebenprodukten der Lebensmittelherstellung. In welchen Dimensionen diese Bei-Produkte anfallen zeigt sich am Beispiel von Trester, also den Pressrückständen aus der Öl- und Saftproduktion. Diese bestehen im Wesentlichen aus den festen Bestandteilen der gepressten Pflanzen oder dem ganzen Gemüse wie Schalen, Kernen etc.

Einer Marktstudie vom ttz Bremerhaven zufolge fallen jährlich mehrere tausend Tonnen von solchem Gemüse- und Obsttrester an. „Häufig werden diese Bei-Produkte nur noch als Tierfutter, Dünger oder in Biogasanlagen verwendet, obwohl sie mit ihren hohen Protein- und Mineralstoffgehalten auch für den menschlichen Verzehr wertvoll sind“, berichtet Andreas Herzig. Nicht nur im Fall von Bio-Lebensmitteln gehen so besonders hochwertige und teuer produzierte Nahrungsmittelbestandteile verloren.

Nebenprodukte ins Rampenlicht gerückt

Andreas Herzig, Geschäftsführer von FST, berät Firmen bei der sinnvollen Nutzung ihrer Bei-Produkte aus der Lebensmittelproduktion. © Andreas Herzig

Die Schwierigkeit bei der Nutzung dieser Nebenprodukte liegt in der Umwandlung zu einsatzfertigen Zutaten, die in Lebensmitteln eingesetzt werden können. Dafür müssen zuerst ein Konzept und eine Technologie erarbeitet und getestet werden, die über verschiedene Verarbeitungsschritte das Restprodukt zu neuen Zutaten umsetzen können. „Der Prozess ist hier das Entscheidende“, erläutert Andreas Herzig.

Die Idee dahinter ist nicht grundsätzlich neu, da Apfeltrester bereits zur Pektin-Gewinnung genutzt wird. Für andere Pressrückstände sind solche Techniken noch kaum oder gar nicht etabliert - die Möglichkeiten aber sind enorm. Vor diesem Hintergrund kooperiert FST auch mit Partnern wie dem Steinbeis-Zentrum oder dem ttz in Bremerhaven, um im größeren Maßstab an der Entwicklung innovativer Technologien arbeiten zu können. Darüber hinaus ist das Unternehmen gerade Mitglied im Netzwerk „Bioaktive Pflanzliche Lebensmittel“ geworden und erhofft sich durch den Austausch mit anderen Netzwerkpartnern ebenfalls neue Entwicklungen und neue Technologien.

Revolution unter den Verdickungsmitteln

Durch die von FST entwickelten Nutzungsmöglichkeiten gehen wertvolle pflanzliche Nährstoffe für die Lebensmittelproduktion nicht mehr verloren und es bleiben weniger „Abfälle“ bei den Produzenten übrig, die für teures Geld entsorgt werden müssen. „Das ist besser für die Umweltbilanz, hebt damit das Image der Unternehmen und es bringt zusätzlichen Gewinn durch den Verkauf des entstandenen Produkts“, schildert Andreas Herzig. Bei den neu gewonnenen Zutaten handelt es sich um eine Art Gemüsepulver. Es stellt eine Revolution auf dem Verdickungsmittel-Markt dar, da es eine sehr hohe Wasserbindung aufweist und zusätzlich noch wertvolle Nährstoffe wie Vitamine, Omega-3-Fettsäuren, Ballaststoffe etc. enthält.

„Einige ‚Bei-Produkte‘ eignen sich damit hervorragend zum Austausch von Verdickungsmitteln wie z.B. Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl oder Xanthan“, erklärt Andreas Herzig. Gerade in der Bio-Lebensmittelbranche sind die Bestrebungen groß, Nahrungsmittel so natürlich wie möglich zu produzieren und darum Verdickungsmittel aus dem Bio-Bereich zu verdrängen. Die neuartigen Produkte können hier nicht nur herkömmliche Verdickungsmittel ersetzen. Sie bringen gleichzeitig einen gesundheitlichen Mehrwert für den Verbraucher, da sie die Lebensmittel, in denen sie zum Einsatz kommen, zusätzlich mit den enthaltenen bioaktiven Substanzen bereichern. Auch gelten sie nicht als klassische Verdickungsmittel, sondern als pflanzliche Inhaltsstoffe, und müssen auch nur dementsprechend auf der Zutatenliste deklariert werden. Zudem sind sie oft noch günstiger als herkömmliche Verdickungsmittel.

Wachsende Produktpalette durch neue Entwicklungen

Pressrückstände aus der Weintraubenöl-Produktion © Andreas Herzig

Bisher findet die Verarbeitung der Bei-Produkte in Lohnproduktion statt. Doch FST plant auch eine eigene Fabrik. Darüber hinaus wird kontinuierlich an der Verarbeitung weiterer Pressrückstände gearbeitet. So stieß Andreas Herzig auch in einem Projekt auf die Restprodukte aus der Leinöl-Produktion als wertvollen und vielversprechenden Rohstoff. „Den Produzenten ist der Presskuchen oft zu schade für den Einsatz als Düngemittel, da selbst nach dem Auspressen des ‚Bei-Produktes‘ noch eine beträchtliche Menge der mehrfach ungesättigten Fettsäuren und der Ballaststoffe etc. im Presskuchen zurückbleiben“, berichtet Andreas Herzig.

Wie er weiß, nimmt die Bevölkerung immer noch zu geringe Mengen dieser Nährstoffe zu sich. „Das aus den Pressrückständen entwickelte Produkt „LeinPRO Organic“ von FST in Bio-Qualität hat ein breites Einsatzgebiet, von Fleisch- und Wurstwaren über Feinkost, Suppen, Saucen, Bouillons und Backwaren. Der Extrakt aus dem Leinöl-Presskuchen verleiht dem Lebensmittel außerdem ein angenehm nussiges Aroma“, erklärt Andreas Herzig.

Das FoodSolutionsTeam vertreibt auch innovative Zutaten anderer Hersteller, zum Beispiel Bio Okara, ein Nebenprodukt der Tofu-Herstellung, das über einen hohen Eiweißanteil und eine gute Wasserbindung verfügt und in mehrjähriger Arbeit für den menschlichen Verzehr veredelt wurde. Darüber hinaus gehören glutenfreie Backmischungen, Aromen, Erbsenprotein als Soja-Ersatz und Ei-Ersatzprodukte zur Produktpalette.

An weiteren Forschungs- und Entwicklungsprojekten ist FST immer interessiert. Für diesen Zweck wäre ein Labor als Forschungs- und Test-Küche für FST sehr interessant. „Da wir zurzeit keine Möglichkeit haben ein Labor dauerhaft für unsere Entwicklungen zu nutzen, mieten wir uns tageweise in Labore ein, oder es muss eben auch mal die heimische Küche herhalten“, sagt Andreas Herzig.

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