„Klinische Studien müssen heute auch die Wettbewerbsvorteile belegen“
„Klinische Studien – Zulassung und Erstattung im Blick“ heißt ein Symposium, das am 31.5.2011 in Tübingen stattfindet. Veranstaltet von der Gesundheitsregion REGiNA wendet es sich in erster Linie an Forscher und Unternehmer, die sich der regenerativen Medizin verschrieben haben. Der Koordinator von REGiNA, Dr. Thomas Grieshammer von der BioRegio STERN Management GmbH, spricht im Interview über seine Erwartungen an das Symposium.
Herr Dr. Grieshammer, das Symposium ist ein Angebot der Gesundheitsregion REGiNA. Was verbirgt sich dahinter?
REGiNA steht als Abkürzung für „Regenerative Medizin in Neckar-Alb und Stuttgart“. 30 Partner haben sich zusammengetan, um die regenerative Medizin in unserer Region entscheidend voranzubringen. Die Gesundheitsregion REGiNA geht zurück auf den Förderwettbewerb des Bundesforschungsministeriums „Gesundheitsregionen der Zukunft“. Dafür hatten sich 82 Regionen aus ganz Deutschland beworben. Mit REGiNA waren wir 2009 eine von zwei Gewinnerregionen. Insgesamt verfügt das Projekt über 15 Millionen Euro, die je zur Hälfte vom Bund und von den Projektpartnern investiert werden.
Und was passiert dann mit diesen Millionen?
Dr. Thomas Grieshammer
© BioRegioSTERN
Wir bauen ein Anwenderzentrum zur Etablierung der regenerativen Medizin auf. Damit gehen etwa 90 Prozent der Mittel in die Förderung anwendungsnaher Forschungsprojekte. Außerdem informieren wir Ärzte und Patienten, unter anderem mit der Internetseite info-rm.de und mit einer Telefon-InfoLine. Gleichzeitig unterstützen wir die Forschungsprojekte durch Wissensaustausch; zum Beispiel, indem wir Experten-Symposien organisieren.
Bevor wir zum Symposium kommen, erklären Sie bitte, was regenerative Medizin ist.
Das Ziel der regenerativen Medizin ist es, Krankheiten oder Verletzungen mit körpereigenen Zellen zu heilen. Dabei kommt Hightech-Medizin und neuestes biotechnologisches Wissen zur Anwendung. Anstelle von körperfremden Implantaten soll ein Patient in Zukunft mit aus eigenen Stammzellen gezüchteten Geweben oder sogar Organen behandelt werden können.
Und welchen Stellenwert hat die regenerative Medizin für die BioRegion STERN?
Wir halten die regenerative Medizin für einen bedeutenden Zukunftstrend. Sie bietet große Chancen für die starke heimische Medizintechnik-Branche und regionale Biotechnologie-Unternehmen. Sie ist eine wesentliche Stärke der BioRegion STERN. Schon vor zehn Jahren hatten wir hier die in Deutschland höchste Forschungsgruppendichte. Denken Sie zum Beispiel an die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard, die in Tübingen ihre bahnbrechenden entwicklungsbiologischen Forschungen betrieben und damit Grundlagen für die regenerative Medizin geschaffen hat.
Kommen wir zum REGiNA Symposium „Klinische Studien – Zulassung und Erstattung im Blick“. Was erwartet die Teilnehmer dort?
Der Erfolg der neuen Therapien und Produkte ist erst dann wirtschaftlich nachhaltig, wenn deren Kosten erstattet werden. Die dafür zu erfüllenden Bedingungen werden aufgrund des limitierten Budgets im Gesundheitswesen regelmäßig erhöht. Dieser Herausforderung begegnen wir, indem wir auch für dieses 2. REGiNA Symposium ausgewiesene Experten gewinnen konnten. Sie berichten zum Beispiel darüber, wie klinische Studien entworfen werden müssen, oder erläutern, was es braucht, damit am Ende der langwierigen und kapitalintensiven Entwicklung die Krankenkassen die Kosten für Innovationen auch erstatten. Für Letzteres sind gesundheitsökonomische Kalkulationen entscheidend.
Bisher befindet sich noch kein REGiNA-Forschungsprojekt in der Phase der klinischen Prüfung. Warum sollen sich die Forscher und Unternehmer schon jetzt damit befassen?
Die ACT, Autologe Chondrozyten Transplantation kann viele junge, aktive Patienten mit größeren Knorpelschäden auf der Knieoberfläche retten.
© Bernd Rolauffs, BG Unfallklinik Tübingen
Klinische Studien müssen heute mehr leisten als noch vor wenigen Jahren und auch die Wettbewerbsvorteile belegen. Der Beleg von Wirksamkeit und Sicherheit zur Erlangung der Zulassung ist nach wie vor die Basis. Zusätzlich sollen aber nun auch Aussagen über Vorteile in Bezug auf die Lebensqualität der Patienten und die Behandlungskosten im Wettbewerbsvergleich getroffen werden, die dann die Erstattungsentscheidung beeinflussen. Es wird beträchtlich helfen, diese Bedingungen rechtzeitig zu kennen. In dem Symposium sollen die Teilnehmer auch ein Gespür dafür erhalten, wie die entsprechenden Gremien ticken. In dem Zusammenhang bin ich besonders auf den Redner vom Gemeinsamen Bundesausschuss G-BA gespannt, also einer Instanz, die in Deutschland wesentlich über die Erstattungsfähigkeit entscheidet.
Herr Grieshammer, mit welchen Erwartungen gehen Sie in das Symposium?
Darauf freue ich mich zutiefst. Ich bin vom Nutzen der Veranstaltung für die REGiNA-Projektpartner überzeugt, vor allem wegen der hervorragenden Qualität der Referenten. Da auch deren Partner kostenfreien Eintritt haben, rechne ich mit derselben guten Resonanz wie im Vorjahr.
Ist schon das nächste REGiNA-Symposium geplant?
Ja, es soll eine Reihe von Symposien geben. Auf diese Idee sind wir durch den Erfolg des ersten Symposiums vor einem Jahr gekommen. Spätestens in einem Jahr wird es also eine weitere Veranstaltung geben. Ich kann mir als Thema die Gesundheitsökonomie oder die Voraussetzungen zur Erlangung der GxP-Zertifizierung vorstellen.