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Pflanzen als Bodensanierer

Max-Planck-Wissenschaftler und Forscher der Universität Heidelberg sind einem Gen auf die Schliche gekommen, das bestimmten Pflanzen erlaubt, auf schwermetallbelasteten Böden zu wachsen und zu deren Sanierung beizutragen.

In der Evolution sind über Hunderte von Millionen Jahren immer wieder Pflanzenarten mit neuen Eigenschaften entstanden, die es ihnen ermöglichten, neue, extreme Lebensräume zu besiedeln. Nur so gewährleisten Pflanzen, die durch Fotosynthese die Energie des Sonnenlichts in energiereiche chemische Verbindungen umwandeln, kontinuierlich Leben auf der Erde. Was bildet die Grundlage solcher Innovationen? Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam und Forscher vom Institut für Pflanzenwissenschaften am BioQuant-Zentrum der Universität Heidelberg veröffentlichten jetzt eine Studie, die einen wichtigen Beitrag leistet, diese Frage zu beantworten (Nature, 15. Mai 2008).

Arabidopsis halleri kann zur Bodensanierung beitragen

Universität Heidelberg, Neuenheimer Feld (Foto: Universitätsklinikum Heidelberg)
Die Forscher um Ute Krämer von der Universität Heidelberg haben dazu Pflanzen, die entfernt mit Raps und Blumenkohl verwandt sind, untersucht und sie miteinander verglichen: die Art Arabidopsis halleri, eine "Metallsammelpflanze", die in Deutschland auf stark schwermetallbelasteten Böden vorkommt, und ihre Verwandte Arabidopsis thaliana, die weder Metalle speichern kann noch verunreinigte Böden akzeptiert.

Arabidopsis halleri lebt auf Böden, auf denen "normale" Pflanzen innerhalb kürzester Zeit absterben würden. Anstatt giftige Schwermetalle zu vermeiden, nimmt die Pflanze diese verstärkt in die Wurzeln auf, leitet sie in die oberirdischen Pflanzenteile weiter und speichert außergewöhnlich hohe Schwermetallkonzentrationen in den Blättern, in denen auch der empfindliche Prozess der Fotosynthese stattfindet. Damit kann sie einen wichtigen Beitrag zur Sanierung von Böden leisten, die infolge von Bergbau oder militärischer Nutzung stark verunreinigt sind. Sie ist in der Lage, sich trotz extremer Lebensbedingungen zu entwickeln und dem Boden sogar Schwermetalle in großen Mengen zu entziehen.

Metallspeicherfunktion beruht auf der Aktivität eines einzelnen Gens

Arabidopsis thaliana (Foto: Eric Melzer) © Eric Melzer
Die Wissenschaftler fanden jetzt heraus, dass die Metallspeicherfunktion vollständig verloren geht und auch die Metalltoleranz stark reduziert wird, wenn die Ausprägung eines einzigen Gens in der Pflanze künstlich verringert wird. Das Genprodukt ist ein Transportprotein in der Zellmembran, das als Metallpumpe Zink- und Cadmiumionen aus bestimmten Zellen der Wurzel hinaus transportiert und somit in die oberirdischen Pflanzenteile weiterleitet.

Ein sehr ähnliches Gen besitzt auch die nahe verwandte Art Arabidopsis thaliana, die weder eine "Metallsammelpflanze" noch schwermetalltolerant ist. Ein molekulargenetischer Vergleich beider Pflanzenarten zeigte, dass die Metallspeicherfunktion abhängig ist von einer stark erhöhten Ausprägung dieses Gens in Arabidopsis halleri. Diese wird bedingt durch die Verstärkung der Steuereinheit dieses Gens (Promotors) und einer Verdreifachung der Kopien dieses Gens in der Erbsubstanz.

Verschiedene praktische Anwendungen denkbar

"Die Aufklärung der molekularen Mechanismen der Metall-Hyperakkumulation hat Modellcharakter für die Entwicklung von Technologien zur natürlichen Anreicherung von Pflanzen mit Metallen wie Zink, das in mäßigen Mengen ein wichtiger Nährstoff für den Menschen ist", sagt Ute Krämer, die die Federführung des Projekts innehatte. "Es ist aber auch wichtig für die Reinigung schwermetallverseuchter Böden mit Hilfe von Pflanzen." Ihre Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam haben den überwiegenden Teil der Arbeiten durchgeführt, bevor die Arbeitsgruppe im vergangenen Jahr mit einem Heisenberg-Stipendium der DFG an die Universität Heidelberg wechselte. Das Heidelberger Institut für Pflanzenwissenschaften wurde im vergangenen Jahr am Zentrum für Systembiologie der Universität Heidelberg eröffnet.

An der Forschung beteiligt waren außerdem die Arbeitsgruppen von Detlef Weigel am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen, Jürgen Kroymann am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena und Patrick Motte am Institut für Lebenswissenschaften der Universität Lüttich in Belgien.
Marc Hanikenne, Ina N. Talke, Michael J. Haydon, Christa Lanz, Andrea Nolte, Patrick Motte, Jürgen Kroymann, Detlef Weigel & Ute Krämer. Evolution of metal hyperaccumulation required cis-regulatory changes and triplication of HMA4. Nature, 15. Mai 2008; Online-Vorabveröffentlichung 20. April 2008
Weitere Informationen zum Beitrag:
Dr. Ute Krämer
BIOQUANT
Universität Heidelberg
Tel.: 06221 5451370
Fax: 06221 5451487
E-Mail: ute.kraemer@bioquant.uni-heidelberg.de

Detlef Weigel
Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie
Tübingen
Tel.: 07071 6011411
Fax: 07071 6011412
E-Mail: weigel@tuebingen.mpg.de
Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/pflanzen-als-bodensanierer