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QIAGEN Lake Constance: Ein „Plattenspieler“ für die schnelle Diagnose

Bei der Diagnostik von Infektionskrankheiten ist oft nicht nur die sichere Identifizierung der Erregerspezies, sondern auch ein schnelles Ergebnis nötig, um unmittelbar eine adäquate Therapie oder gegebenenfalls weitere diagnostische Maßnahmen einleiten zu können. Konventionell erfolgen die Tests im Zentrallabor, was den Nachteil der Probenlogistik und somit Verzögerungen mit sich bringt. Im Rahmen des BMBF-Förderprojekts „ResCheck“ entwickelt darum die QIAGEN Lake Constance GmbH mit mehreren Partnern ein mikrofluidisches „Lab-on-a-Disk“-Diagnostiksystem mit dem Ziel, medizinische Bedürfnisse am „Point-of-Need“ besser erfüllen zu können.

Mit der Kombination von „LabPlayer“ und „LabDisk“ können sämtliche Schritte eines Tests auf Knopfdruck vollautomatisch ausgeführt werden. (LabDisk und Foto zur Verfügung gestellt von HSG-IMIT Lab-on-a-Chip Design- & Foundry-Service http://www.loac-hsg-imit.de/) © IMTEK

Infektionen des respiratorischen Systems, sprich der Atemwege, zählen zu den häufigsten Erkrankungen weltweit und können durch ein breites Spektrum von Erregern ausgelöst werden. Meist erfolgt die Diagnose über die auftretenden Symptome. Klare Rückschlüsse auf den verantwortlichen Erreger sind so aber nicht immer möglich. Bei Patienten mit komplexen oder schweren Krankheitsbildern sowie bei einer Ansteckung im Zuge eines Krankenhausaufenthalts sind labordiagnostische Untersuchungen daher oft unverzichtbar.

Da viele Tests aufgrund ihrer Komplexität nur in entsprechend ausgestatteten medizinischen Laboren und durch Fachpersonal durchgeführt werden können, ist häufig eine aufwändige Probenlogistik nötig. Der Probentransport vom Patienten zum Labor, die Probenannahme im Labor sowie die Probenzuteilung auf die jeweiligen Analysestationen im Labor verlängern dabei auch die Wartezeit auf die Diagnose. „Um eine verbesserte medizinische Versorgung des Patienten zu ermöglichen, arbeiten wir daher an neuen Systemen für die Point-of-Need-Diagnostik, womit eine schnellere und patientennahe Diagnostik gemeint ist“, schildert Dr. Jörg Schickedanz, Geschäftsführer der QIAGEN Lake Constance GmbH. Die Stockacher Tochter des Biotechnologiekonzerns QIAGEN ist auf die Entwicklung und Produktion hochsensitiver Test- und Diagnoseplattformen für die „Vor-Ort-Testung“ spezialisiert.

Der große Vorteil der Point-of-Need-Diagnostik ist, dass sie direkt in Krankenhausabteilungen, Arztpraxen oder Apotheken stattfinden kann, also genau dort, wo die Ergebnisse benötigt werden. Die Grundlage für dieses neue System bietet der sogenannte „LabPlayer“ der QIAGEN Lake Constance: eine Geräteplattform zur Durchführung und Analyse verschiedener Tests mit minimalem Aufwand vor Ort. Ursprünglich zum schnellen und zuverlässigen Nachweis von Gefahrenstoffen in biologischem Material im Feld entwickelt, zeigten sich schnell die Vorteile des LabPlayer auch für den Einsatz in der Point-of-Need-Diagnostik. „Es war naheliegend, die Plattform weiterzuentwickeln und auf humanmedizinische Routineanwendungen auszuweiten“, erklärt Schickedanz.

Vollautomatische Tests auf Knopfdruck

Die „LabDisk“ stellt eine vollständige mikrofluidische Testeinheit dar, die alle nötigen Reagenzien für die Probenverarbeitung und Probenanalyse enthält. (LabDisk und Foto zur Verfügung gestellt von HSG-IMIT Lab-on-a-Chip Design- & Foundry-Service http://www.loac-hsg-imit.de/) © IMTEK

Beim „LabPlayer“ handelt es sich um ein CD-Player-ähnliches Gerät, das zusammen mit einer „LabDisk“, die in das Gerät eingelegt wird, eine Art Miniaturlabor darstellt – ein mobiles „Lab-on-a-Disk“-Diagnostiksystem. Die „LabDisk“ ist eine Polymerscheibe mit Kanälen und Hohlräumen, die auf kleinstem Raum alle für die Testung notwendigen Reagenzien enthalten. Im LabPlayer werden durch Rotation der LabDisk definierte Zentrifugalkräfte erzeugt, die die Probenflüssigkeit gezielt durch die Mikrokanäle und verschiedenen Kompartimente der LabDisk bewegen.

Dieser als „Zentrifugale Mikrofluidik“ bezeichnete Prozess integriert alle elementaren Schritte des labordiagnostischen Testverfahrens in einem einfach zu handhabenden Format: „Von der Probenvorbereitung wie Zellaufschluss, Extraktion, Reinigung über die Aufkonzentrierung usw. bis hin zur Detektion des eigentlichen Zielmoleküls werden vollautomatisch alle notwendigen Schritte durchgeführt“, beschreibt Jörg Schickedanz das System. Als Zielmolekül kommen beispielsweise erregerspezifische Nukleinsäuren oder Antigene in Frage, die am Ende des Analyseprozesses mit einer Reportersubstanz nachgewiesen werden, die wiederum über spezifische Wechselwirkungen an das aufgereinigte Zielmolekül gebunden ist. Bei diesem Reporter kann es sich zum Beispiel um einen Fluoreszenzfarbstoff handeln, der anschließend unter Verwendung extrem leistungsstarker miniaturisierter Detektoren „sichtbar“ gemacht wird.

Ergebnisse in höchster Qualität und in Rekordzeit

In der Anwendung muss dazu lediglich das Probenmaterial, wie beispielsweise Sputum, Blut oder Urin, manuell auf die LabDisk aufgetragen und die vollautomatische Analyse im LabPlayer gestartet werden. „Die Analyse dauert je nach Anwendung zwischen 20 Minuten für Immunoassays und maximal 90 Minuten für Nukleinsäure-Amplifikationen“, erklärt Schickedanz. Das Ergebnis wird einerseits auf einem Touchscreen angezeigt, andererseits kann es über eine standardisierte Schnittstelle bei Bedarf in Labor- bzw. Hospital-Informationssysteme (LIS bzw. HIS) weitergeleitet und in die elektronische Patientenakte integriert werden. „Das entwickelte Diagnostiksystem wird hinsichtlich Nachweisgrenzen, Reproduzierbarkeit, Spezifität und anderen technischen Validierungsgrößen mindestens ebenso gut wie die in der klassischen Labormedizin etablierten „Gold-Standards“, aber erheblich schneller und einfacher in der Bedienung sein“, versichert Schickedanz. Durch die einfache Handhabbarkeit könnten dann sogar komplexere Nachweistechnologien wie Nukleinsäure-Amplifikationen dezentral und somit patientennah durchgeführt werden. „Das ist die Diagnostik der Zukunft“, ist er sich sicher.

Derzeit gibt es den LabPlayer nur als Prototyp, der noch bis zur Serienreife weiterentwickelt werden muss. Das BMBF-Projekt ResCheck läuft noch bis 2014, wobei das in Stockach entwickelte System eine offene Plattform darstellt, die für eine Vielzahl von Anwendungsfeldern verwendet werden kann. „Das ‚mikrofluidische Design‘ der LabDisk ist sehr flexibel: Es kann mit den entsprechenden Reagenzien theoretisch für fast jede Anwendung angepasst werden“, schildert Schickedanz die Vorteile des Systems. So können prinzipiell immunologische Parameter wie Antigene oder Antikörper sowie Nukleinsäure-basierte Parameter wie DNA oder RNA von Pathogenen, einschließlich deren Resistenz-Gene detektiert werden. Doch die Möglichkeiten sieht er noch größer: „Auch Anwendungen außerhalb der Humandiagnostik sind vorstellbar, zum Beispiel in Lebensmittelanalytik oder Umweltanalysen.“

Im Rahmen des BMBF-Förderprojekts ResCheck (Förderkennzeichen 16SV5433K im Programm „Mobile Diagnostik“) arbeitet QIAGEN Lake Constance mit mehreren Kooperationspartnern. Die Aufgabe der QIAGEN Lake Constance ist die Entwicklung des LabPlayers, also von sowohl Hardware wie auch Software, sowie die Systemintegration. Das Klinikum rechts der Isar aus München und das Institut für Organische Chemie der Universität Tübingen übernehmen die Entwicklung von Immunoassays, QIAGEN Hilden arbeitet mit dem virologischen Institut der Universität Göttingen an der Entwicklung von Nukleinsäure-basierten Erregernachweisen, die Bundesanstalt für Materialforschung entwickelt Kalibriermaterialien und -strategien, die Firma Conworx aus Berlin kümmert sich um die Anbindung an Krankenhaus-Informationssysteme, das MVZ DR. STEIN + KOLLEGEN in Mönchengladbach und das MVZ Clotten in Freiburg stellen Probenmaterial zur Verfügung, das HSG-IMIT in Freiburg entwickelt und produziert Mikrofluidikkomponenten für die LabDisk.

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/qiagen-lake-constance-ein-plattenspieler-fuer-die-schnelle-diagnose