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REGiNA - die Gesundheitsregion für Regenerative Medizin

REGiNA ist ein Anwenderzentrum für Regenerative Medizin in der Region zwischen Neckar-Alb und Stuttgart. Besonders weit fortgeschrittene regenerative Verfahren aus verschiedenen Therapiefeldern sollen hier den Weg von der Forschung in eine breite klinische Anwendung finden. Mit einem vielfältigen und breiten Informationsangebot werden die neuen Behandlungsmöglichkeiten und Chancen der Regenerativen Medizin bei Ärzten, Patienten und in der allgemeinen Öffentlichkeit bekannt gemacht.

Regenerative Therapien im Muskel-Skelettsystem werden zum Teil bereits von Krankenkassen erstattet. © www.info-rm.de

Mit einer Förderung von rund 7,5 Millionen Euro über fünf Jahre hinweg würdigt und unterstützt das BMBF die neuen medizinischen Entwicklungen von REGiNA und damit die Kompetenz der Region in Sachen Regenerative Medizin. Etwa die gleiche Summe bringen auch die rund 30 REGiNA-Partner aus Klinik, Forschung und Unternehmen ein. Ein Großteil der Gelder fließt in anwendungsnahe Forschungsprojekte, die direkt in neue Behandlungsmethoden münden oder mit denen bereits bestehende regenerative Therapien weiterentwickelt werden. Damit soll in Zukunft ein größerer Anteil von Patienten von der Regenerativen Medizin profitieren – auch ältere Patienten, die aufgrund von degenerativen Erkrankungen heute noch nicht zufriedenstellend regenerativ behandelt werden können.

Viele REGiNA-Entwicklungen sind zellbasiert. Der Ausgangspunkt sind dann autologe, also patienteneigene Zellen. Dies können Zellen des erkrankten oder zerstörten Gewebetyps sein oder Stammzellen, etwa aus dem Knochenmark des Patienten, die sich zu Gewebezellen entwickeln können. Die Zellen werden im Labor vermehrt und in vielen Fällen mit einem biologischen Trägermaterial kombiniert. So entsteht ein biomechanisch stabiles Ersatzgewebe, das in den Körper des Patienten implantiert werden kann.

Auch die Entwicklung und Optimierung geeigneter Biomaterialien findet im Rahmen von REGiNA statt. Außerdem werden spezielle molekularbiologische und medizintechnische Verfahren entwickelt, um Zellen schonend und zielgenau an ihren Wirkungsort im Körper zu bringen. Weitere Entwicklungen betreffen die Biofunktionalisierung von Medizinprodukten: Bioverträgliche Oberflächen sollen die Heilungschancen in ihrer Anwendung verbessern.

REGiNA - einige Highlights

Regenerative Medizin nutzt die neuesten Erkenntnisse aus der Zell- und Molekularbiologie, um natürliche biochemische und biophysikalische Prozesse gezielt in neuartige Therapien einzubinden. Körpereigene regenerative Prozesse werden dadurch angestoßen und unterstützt. © www.info-rm.de

Die REGiNA-Projekte konzentrieren sich auf vier Therapiefelder, in denen die Arbeiten in der Region besonders weit fortgeschritten sind. Im Therapiefeld Muskelskelettsystem geht es um Knorpel- und Knochenersatz. Im Umfeld der Universität Tübingen mit seinen renommierten Kliniken und akademischen sowie unternehmenseigenen Forschungseinrichtungen wurde eine hochmoderne regenerative Therapie für den Gelenkknorpel entwickelt: Die trägerbasierte Knorpelzelltransplantation (ACT, autologe Chondrozyten-Tansplanatation) ist seit mehreren Jahren in der klinischen Anwendung und wird jetzt im REGiNA-Verbund weiterentwickelt. Dadurch soll die ACT zum Beispiel auch eine Option für Menschen mit Arthrose werden. Zur Regeneration des Bandscheibenknorpels und zur Knochenheilung setzt der REGiNA-Verbund ebenfalls auf die Kombination von patienteneigenen Zellen und anpassungsfähigen Trägermaterialien. Damit werden Therapien entwickelt, die den individuellen Gegebenheiten und Bedürfnissen beim jeweiligen Patienten entsprechen.

Dem natürlichen Gewebe möglichst nahe zu kommen, steht im Fokus beim Therapiefeld Haut und Wunden. Einschichtigen Hautersatz aus patienteneigenen Zellen können die Labore bereits heute liefern. Die REGiNA-Forscher arbeiten jetzt daran, einen mehrlagigen Ersatz zu entwickeln, der wie in der normalen Haut mehrere Zelltypen vereint. Darum geht es auch bei der Regeneration von Weichgewebe: In diesem Fall werden Fettgewebs- und Blutgefäßzellen gemeinsam kultiviert, um ein von vornherein gut durchblutetes Ersatzgewebe zu erhalten. Damit entspricht es weitestgehend dem Originalgewebe. Solche Innovationen dienen zum Beispiel als Gewebeersatz nach Tumoroperationen.

Das Therapiefeld Herz, Kreislauf, Atemwege umfasst Therapien zur Regeneration der großen Leitungsbahnen im menschlichen Körper. Zur Behandlung von Durchblutungsstörungen war die Entwicklung von künstlichem Gefäßersatz ein großer lebensrettender medizinischer Fortschritt. Doch auch künstliche Gefäße sind nicht vor einem Wiederverschluss gefeit. REGiNA-Forscher haben eine Strategie entwickelt, um die künstlichen Gefäße zu endothelialisieren, das heißt, sie erhalten eine Auskleidung aus patienteneigenen Zellen, die für einen nachhaltig ungestörten Durchfluss des Blutes sorgen soll. Auch bei künstlichen Atemwegstents soll die Biokompatibilität erhöht werden: Durch eine Beschichtung, die das Anwachsen der Stents unterstützt, dadurch ein Verrutschen und zugleich die Ansiedlung von Bakterien verhindert.

Um regenerative Unterstützung im wahrsten Sinn des Wortes geht es im Therapiefeld Urogenitalsystem. Wenn beim Mann krebsbedingt die Prostata entfernt werden muss, kann die Nervenfunktion in diesem Bereich beeinträchtigt werden. Inkontinenz und Impotenz sind mögliche Folgen. Um regenerierenden Nerven eine geeignete Wachstumsunterlage zu bieten, wird im REGiNA-Propjekt eine gelartige Substanz entwickelt, die den Raum der Prostata so ausfüllt, wie es die individuellen Gegebenheiten erfordern. Auch die Entwicklung von neuartigen Nervenleitscheinen aus Biomaterialien gehört zu den Arbeiten in diesem Therapiefeld.

Von der breiten Forschungs- und Entwicklungsbasis in die breite Anwendung

Ein spezielles Anliegen des REGiNA-Projektes ist es, die gesundheitsökonomischen Rahmenbedingungen und die Erstattungsmöglichkeiten der neuen Therapien auszuloten. Das bietet den großen Vorteil, dass frühzeitig wirtschaftliche Vorgehensweisen identifiziert und umgesetzt werden können. Mit der ungewöhnlich frühen Berücksichtigung ökonomischer Belange hat die Gesundheitsregion hier durchaus Pilotcharakter. Das zweite Feld übergreifender Begleitforschung und Beratung ist die Medizinethik. Experten des renommierten Tübinger Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin stehen den Projektpartnern medizinethisch zur Seite und bringen eigene wissenschaftliche Aspekte mit ein.

Neben der Entwicklung neuer therapeutischer Verfahren und Produkte geht es bei REGiNA stets auch um Information, Weiterbildung und Beratung. So werden Wissenschaftler, Unternehmer und Kliniker zu den Themen Zulassung und Erstattung geschult und sie erhalten vertieften Einblick in die Rechtssituation bei der Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien (ATMPs, Advanced Therapy Medicinal Products). In dieser Kategorie der europäischen Arzneimittelagentur EMA erfolgt die Zulassung der innovativen regenerativen Produkte mit zellulärem Anteil. Da die gesetzlichen Regelwerke dazu noch relativ neu sind und im Detail noch viel Klärungsbedarf herrscht, sollen die REGiNA-Veranstaltungen den Partnern, aber auch allen anderen Interessierten in der Region mehr Sicherheit im Umgang damit geben.

Um alle bisherigen und neuen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Regenerativen Medizin an Ärzte, Patienten und Interessierte weiterzugeben, hat das REGiNA-Team einen allgemeinverständlichen Webauftritt aufgebaut, in den ein spezieller Fachbereich für Ärzte integriert wurde. Ergänzend wurde eine telefonische InfoLine eingerichtet, über die Ärzte weiterführende fachliche Informationen und Kontakt zu klinischen Spezialisten bekommen. Patienten und ihre Angehörigen können sich mit ihren Fragen ebenfalls hier melden und werden über die InfoLine bei Bedarf an entsprechende Spezialisten vermittelt. Aber auch jeder Interessierte kann sich hier ganz nach dem Motto 'was ich immer schon mal wissen wollte' zu regenerativen Themen informieren.

Übersicht der REGiNA-Forschungsprojekte:

Indikationsgebiet Muskel-Skelett-System

  • Entwicklung einer autologen Zelltherapie zur Bandscheibenregeneration
  • Herstellung eines verbesserten Regenerations-Gelenkknorpels mit funktioneller Gleichwertigkeit zum Originalgewebe (auf Basis autologer Zellen und neuartiger Trägermaterialien)

  • Behandlung von Pseudarthrosen durch autologe mesenchymale Stammzellen (MSC) mit optimierten knochenheilenden Eigenschaften

  • Entwicklung innovativer Ersatzstoffe und Implantate mit autologen Knochenhautzellen für die Knochenregeneration, speziell in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie


Indikationsgebiet Haut und Wunden

  • Entwicklung eines synthetischen, resorbierbaren Wundklebers für äußere und innere Anwendungen zur Geweberegeneration
  • Generierung von autologem vaskularisiertem Fettgewebe für den körpereigenen Weichteilersatz
  • Entwicklung autologer Vollhauttransplantate
  • Entwicklung von mRNA-gestützten regenerativen Behandlungsmethoden
  • Entwicklung von zell- sowie nukleinsäurefreien Produkten zum Dermis- und Weichteilersatz bei tiefen Defekten
  • Wundheilung und Regeneration im Magen-Darm-Bereich durch Injektion heilungskompetenter Zellen mittels Wasserstrahltechnologie


Indikationsgebiet Herz, Kreislauf, Atemwege

  • Entwicklung eines resorbierbaren Schnellverschlusses zur Gefäßregeneration
  • Entwicklung bioaktiver Oberflächenbeschichtungen für Atemwegstents, die die Regeneration von Atemwegsdefekten unterstützen
  • Entwicklung von standardisierten Applikations- und Markierungsverfahren für Zelltherapeutika in der vaskulären Medizin
  • In-vivo-Tissue-Engineering von kleinlumigen Prothesen zur Gefäßregeneration


Indikationsgebiet Urogenitalsystem

  • Entwicklung einer injizierbaren Wachstumsmatrix auf Hydrogelbasis zur Nervenregeneration, speziell zur Impotenz- und Inkontinenzbehandlung nach Prostatakrebs
  • Weiterentwicklung von zellfreien Nervenleitschienen, die eine autologe Besiedlung mit Schwann’schen Zellen erlauben und damit die Regeneration peripherer Nerven auch bei größeren Defekten ermöglichen
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