Rezension: Bakterien rüsten auf – EHEC & MRSA
Bakterien die Infektionskrankheiten hervorrufen - darum geht es in Gerhard Gottschalks kleinem Infoband „Bakterien rüsten auf“. Im Zentrum des Interesses stehen EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli), eine pathogene Variante des Darmbakteriums Escherichia coli (E. coli) und MRSA, der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus.
© Wiley VCH
Seit es im Mai 2011 zum Ausbruch einer der schlimmsten Bakterienepidemien in Deutschland kam, ist das Wort EHEC in aller Munde. Nur die wenigsten wissen jedoch, worum es sich dabei handelt. Gerhard Gottschalk, Professor der Göttinger Universität und erfolgreicher Autor, steigt in seinem Buch „Bakterien rüsten auf“ mit einem Typus der E.-coli-Familie ein, der vielen durch die von ihm hervorgerufenen Symptome bekannt sein dürfte: der sogenannte ETEC (enterotoxischer E. coli), Erreger der Reisediarrhoe. Mit vielen Details beschreibt er die Symptome, die ihm selbst widerfahren sind und die schon einmal jedem Urlauber so widerfahren sein könnten. So gewinnt Gottschalk das Vertrauen der Leser und nimmt sie mit auf den Weg der mikrobiellen Evolution. Am Ende des Unterkapitels „ETEC“ gibt er zudem Hinweise, wie sich Reisende vor dem Erreger schützen könnten.
E.-coli-Bakterien im Elektronenmikroskop
© Rocky Mountain Laboratories, NIAID, NIH
Im Anschluss befasst sich der Autor mit dem im Mai 2011 in Deutschland grassierenden Erreger, der, laut Gottschalk, nur noch wenig mit dem eigentlichen EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli) zu tun hat. So bildete der damalige Erreger zum Beispiel nicht das bekannte Enterotoxin, sondern das gefährlichere Shigatoxin. Gottschalk bezeichnet den Ausbruchsstamm daher als EAHEC (enteroaggregativer hämorrhagischer E. coli). Er beschreibt den Verlauf und die Bekämpfung der Epidemie in Deutschland und erklärt auch, woher der Erreger gekommen sein könnte. Kritik übt Gottschalk an dem Umgang mit der Epidemie 2011. In Deutschland mangele es insbesondere an einem leistungsfähigen Genomsequenzierungszentrum. Weiterhin sei das Kompetenzwirrwarr und die späte Einbeziehung des Robert-Koch-Instituts ein großes Problem gewesen. Am Ende des ersten Teils warnt der Autor vor der Verwandlungsfähigkeit unserer heutigen Bakterien.
Gefahr: Multiresistente Bakterien
Im zweiten Kapitel befasst Gottschalk sich mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Das Bakterium besiedelt die Haut und die Schleimhäute von etwa 30 Prozent der Menschen. Die Besiedlung wird in der Regel nicht bemerkt. Sobald jedoch eine Immunschwäche durch eine andere Krankheit oder durch eine Operationswunde auftritt, kann es sein, dass sich der Erreger ausbreitet. Das pathogene Bakterium, das nun nicht mehr durch das Immunsystem in Schach gehalten wird, kann Infektionen mit Eiterungen, Lungenentzündung oder Blutvergiftung hervorrufen. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass MRSA von den sogenannten MRSA-Trägern auf andere Patienten übertragen wird. In Krankenhäusern sind daher besondere Vorsichtsmaßnahmen erforderlich.
Weiterhin erklärt Gottschalk in diesem Kapitel kurz die Entwicklungsgeschichte des Antibiotikums sowie dessen Wirkungsweise und die natürliche Entstehung von Resistenzen. Dabei gehen die multiresistenten Bakterien, laut Gottschalk, auf das Konto der Menschen. Bis zu zehn verschiedene Resistenzen können Stämme von Staphylococcus aureus tragen und sind damit für die gängigen Antibiotika unangreifbar. In deutschen Krankenhäusern ist jede vierte Infektion mit Staphylococcus aureus auf MRSA zurückzuführen, in den Niederlanden und den skandinavischen Ländern ist der Anteil deutlich niedriger. Für die Zukunft schlägt Gottschalk daher eine nationale Forschungsplattform zu dem Thema vor.
Das Büchlein „Bakterien rüsten auf“ ist eine kleine Informationsschrift, die uns die Gefahr, die von den angesprochenen Bakterienstämmen ausgeht, näherbringt. Dadurch, dass sich das Buch auf konkrete Fälle wie die Epidemie im Jahr 2011 bezieht, lässt es sich auch im Schulunterricht einbinden und das erlernte Wissen auf diese Weise anwenden. Das Buch ist verständlich für jedermann und gibt so die Möglichkeit, sich über die neuen Pathogene zu informieren. Abschließend sensibilisiert das Buch den Leser wohlmöglich für einen vorsichtigeren Umgang mit Antibiotika.