Schülerlabor Neurowissenschaften - Das Interesse an der Neurobiologie wecken
Das Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften in Tübingen richtete nach der Förderung durch die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder das Schülerlabor Neurowissenschaften ein, das Schülern der Stufen zehn bis zwölf die Neurowissenschaften näher bringen soll. Mit Experimenten zum Gehirn, elektrischen Fischen oder zur Neurobiologie des motorischen Systems lernen die Schüler viel über diese sehr aktuelle Wissenschaft und können zudem noch zeigen, was außerhalb des Schulalltags in ihnen steckt.
Die Schüler erfahren im Schülerlabor Neurowissenschaften mehr über das Gehirn.
© Ilg
Warum bewegen sich unsere Muskeln? Warum können wir hören und sehen? Antworten auf diese Fragen können Schüler der gymnasialen Oberstufe im Schülerlabor Neurowissenschaften in Tübingen bekommen. Träger des Schülerlabors ist das Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN), das im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder 2007 und 2012 erfolgreich war. Seit dem Jahr 2012 steht dem CIN sogar ein eigenes Gebäude für Neurowissenschaften neben dem Hertie-Institut für klinische Hirnforschung zur Verfügung. Teil des Exzellenzantrags war das Schülerlabor Neurowissenschaften, um dort junge Menschen für ein Studium in den Neurowissenschaften zu gewinnen. „Es ist absehbar, dass durch den demografischen Wandel, in dem wir leben, die neurodegenerativen Krankheiten eine immer größere Bedeutung erlangen und es daher eine sehr große Nachfrage an Nachwuchswissenschaftlern geben wird“, erklärt Prof. Dr. Uwe Ilg, wissenschaftlicher Leiter des Labors. „Die Idee des Schülerlabors beinhaltet, dass das Labor von einem Wissenschaftler geleitet wird“, sagt Ilg. Unterstützt wird das Schülerlabor der Universität Tübingen zudem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung sowie der Klaus-Tschira und der Robert-Bosch Stiftung.
Während des Kurses im Schülerlabor werden die Schüler von studentischen Hilfskräften sowie der wissenschaftlichen Leitung betreut. „Den Lehrern steht an so einem Tag nur die Funktion eines Beobachters zu“, erklärt Uwe Ilg. „Manche Lehrer können so auch ganz neue Seiten an ihren Schülern entdecken.“ Die Schüler können sich für den Besuchstag einen Versuch aus dem angebotenen Spektrum aussuchen. Zum Abschluss findet ein Seminar statt, in welchem die Schülergruppen ihre Ergebnisse präsentieren.
Mit dem Roboter Ameisen nachahmen
In einem Versuch kann ein Lammgehirn untersucht werden.
© Ilg
„Ein besonders anschaulicher Versuch, ist der zur elektrischen Aktivität von Nerven und Muskelzellen mit elektrischen Fischen“, erklärt Ilg. Die schwach elektrischen Exemplare der Messerfische und Elefantenrüsselfische aus schmutzigen Süßgewässern Südamerikas und Afrikas verwenden ihr elektrisches Organ zur Kommunikation und Orientierung. Das Organ besteht aus umgewandelten, nicht mehr funktionsfähigen Muskelzellen, die als Elektroplax bezeichnet werden. „Während des Versuches messen die Schüler die elektrischen Signale der Fische, zeichnen diese auf und werten sie mit den entsprechenden Computerprogrammen aus“, sagt Prof. Ilg. Bei dem Versuch wird den Schüler laut Ilg klar, dass man auch für Neuro- und Verhaltensbiologie Physik braucht. Die Fische werden im Untersuchungsbecken in unterschiedliche Situationen gebracht. Dabei beobachten die Schüler, wie sie zum Beispiel auf Gegenstände reagieren, die elektrische Leiter (Metalle) oder elektrische Isolatoren (Glas, Porzellan) sind.
Im Bereich der theoretischen Neurobiologie programmieren die Schüler unter anderem einen Roboter. Als Versuchsroboter steht dem Labor der autonome Roboter Asuro zur Verfügung. „Hier machen wir im Prinzip Verhaltensbiologie“, erklärt Ilg. Der Roboter des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen ist laut Ilg mit der Programmiersprache C mit nur wenigen Befehlen programmierbar. Als Modellversuch untersuchen die Schüler eine Ameisenstraße. Dabei sollen die Schüler zunächst überlegen, wie sich die Ameisen auf der Ameisenstraße orientieren. Die Duftspur der Ameisen wird dann im Anschluss mit dem Roboter durch eine schwarze Linie simuliert. Durch seine Bodensensoren erkennt der Roboter den schwarzen Strich und kann sich an diesem orientieren.
Fortbildung auch für Lehrer
„Die Schüler sind von den Versuchen begeistert“, berichtet Ilg, „denn bei uns können sie wirklich mal eine Fragestellung länger verfolgen und nicht nur in den 45 Minuten einer Unterrichtsstunde.“ Eine schöne Bestätigung der Arbeit des Schülerlabors sind natürlich die Studierenden, die ein Studium der Biologie nun beginnen, und vorher einmal im Schülerlabor waren.
In den Sommerferien können Schüler auch an der Ferienakademie Neurowissenschaften teilnehmen. 20 Schüler aus der gymnasialen Oberstufe können eine Woche lang Experimente aus dem Schülerlabor durchführen, lernen wie man mit Originalliteratur umgeht und ihre eigenen Resultate in einem Seminar präsentieren. Weiterhin können die Schüler mit Tübinger Neurowissenschaftlern sprechen und unter anderem den Zusammenhang von Philosophie und Naturwissenschaften diskutieren.
Ein weiteres Angebot des Schülerlabors sind die Lehrerfortbildungen. „Hier möchten wir den Multiplikationsfaktor der Lehrer nutzen und diesen in den Fortbildungen einzelne Aspekte der Neurobiologie nahe bringen“, erklärt der Neurowissenschaftler. Im Jahr 2013 wurden Methoden der Neurobiologie behandelt. In 2012 war es das Thema „Ästhetische Empfindungen, Emotionen und neuronale Aktivität“. Mit Fragestellungen, wie „Warum ist ein Gesicht hübsch?“, wurden zahlreiche Lehrer nach Tübingen gelockt. In der Regel nehmen etwa 100 Lehrer an den Fortbildungen teil. Dank des Exzellenzclusters stehen dem Schülerlabor Neurowissenschaften natürlich zahlreiche Wissenschaftler für die Lehrerfortbildung zur Verfügung.