Venneos: Technologie für den etwas anderen Blick in die Zelle
Die 2014 gegründete Venneos GmbH liefert Bilder von lebenden Zellen, nur völlig andere, als man sie vom Lichtmikroskop kennt. Das Unternehmen setzt auf Transistoren statt auf optische Linsen und eröffnet damit ganz neue analytische Möglichkeiten.
Das Gründerteam der Venneos GmbH: David Wehner, Dr. Tu Hoang, Dr. Ralf Zeitler, Jonas Lehmann (v.l.n.r.).
© Venneos GmbH
Das Team der Venneos GmbH hat ein Silizium-Chip-basiertes Imaging-System für die Analyse von Zellen entwickelt. In Form von leicht handhabbaren, mobilen Geräten wird die Technologie nun auf den Markt gebracht. Ihre Vorteile: Die Bildgebung erfolgt markierungsfrei und nichtinvasiv. Zudem können viele tausend Zellen gleichzeitig und automatisiert über Tage und Wochen hinweg analysiert werden. Dazu muss das Gerät lediglich in einen handelsüblichen Inkubator platziert und an den Strom angeschlossen werden. Der studierte Betriebswirt und Biotechnologe David Wehner gehört zum vierköpfigen Gründerteam. Er erklärt das Funktionsprinzip der neuartigen Bildgebung: „Unter der Glasoberfläche des Chips befinden sich circa 100.000 Messpunkte, die Feldeffekt-Transistoren. Das sind die sechseckigen Strukturen auf dem Chip. Wenn eine Zelle auf der Oberfläche des Chips anhaftet, entstehen elektrische Signale, die wir mit den Transistoren messen können. Dank dieses neuen Messansatzes können wir alle Arten von adhärenten Zellen detektieren." Je nachdem, ob ein Messpunkt durch die Zelle bedeckt ist oder nicht, entsteht ein Signal. Da die einzelnen Messpunkte deutlich kleiner sind als die Zelle, ergibt sich ein Pixelmuster und daraus wiederum eine Abbildung der Zelle.
Sensorpixel statt optische Abbildung
Der Silizium-Chip ist über feine Golddrähte mit der Trägerplatine verbunden.
© Venneos GmbH
Mit der Venneos-Technologie können einzelne Zellen analysiert werden. Wehner ist überzeugt, die Technologie für viele zellbasierte Assays zugänglich machen zu können. Wanderungsbewegungen von Zellen ließen sich damit ebenso untersuchen wie Leben oder Tod der Zellen, und es ließen sich diverse Vitalitätsbestimmungen durchführen. Als eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten nennt Wehner Wound-Healing-Assays. Dabei wird das Zuwachsen einer Wunde durch Migration und Proliferation der Zellen unter Einfluss verschiedener Faktoren analysiert. Die Venneos-Technologie liefert anschauliche Darstellungen und quantitative Auswertungen der Zellmigration und damit des Wundheilungsprozesses. Großes Marktpotenzial sieht das Firmenteam auch bei zellbasierten Testsystemen für die Entwicklung medizinischer Wirkstoffe und in der Tumorbiologie. „Wir sind bereits mit möglichen Partnern im Bereich der präklinischen Medikamentenentwicklung im Gespräch", sagt Wehner.
Die gesamte Hard- und Software sind Eigenentwicklungen
Auf der Trägerplatine sind der Siliziumchip und die Kulturkammer befestigt. Diese wird zur Messung in die Messstation (nicht gezeigt) eingelegt.
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Da das Venneos-Team die gesamte Auswerte-Software und die Visualisierung selbst entwickelt, kann zudem auf spezielle Kundenwünsche eingegangen werden. Auch die gesamte Hardware ist eine Eigenentwicklung der Venneos GmbH, vom Chip bis zur Messeinheit. „Wir sind in jeder Hinsicht an einer leichten Handhabung interessiert und wollen die Komplexität der Technologie und des Gerätes so weit herunterbrechen, dass der Nutzer von dieser Komplexität nichts mitbekommt", so Wehner. Die zurzeit in der Produktion befindlichen Geräte sind ungefähr DIN A5 groß und wenige Zentimeter hoch. Das reicht dem Team jedoch noch nicht. In fernerer Zukunft könnte Wehner sich zum Beispiel für andere Anwendungsgebiete eine Variante vorstellen, die ganz simpel an ein Smartphone angeschlossen werden kann. Die Prototypen der Kulturkammern – natürlich ebenfalls eine Eigenentwicklung der Venneos GmbH – werden zurzeit mithilfe von 3D-Druckern aus einem biokompatiblen Kunststoff hergestellt. Später sollen sie bei größeren Stückzahlen im Spritzguss produziert werden.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der Chipoberfläche mit Zellen. Bei den sechseckigen Strukturen handelt es sich um die einzelnen Messpunkte.
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Preislich werden sich die Standard-Geräte im fünfstelligen Euro-Bereich bewegen, so Wehners Prognose. „Wir sind momentan vor allem daran interessiert, die Geräte auf breiter Basis in den Markt zu bringen, um eine breite Akzeptanz zu erreichen. Später werden wir entsprechende Analysen eventuell auch als Dienstleistung anbieten. Im Moment konzentrieren wir uns jedoch auf den Gerätebau und -vertrieb sowie die Weiterentwicklung", so Wehner. Neben den kommerziellen Aktivitäten gehört auch die Wissenschaft zur Firmenphilosophie. „Wir werden auf jeden Fall weiterhin in der Scientific Community dabei bleiben und beteiligen uns unter anderem an einem EU-geförderten Forschungsverbund. Grundsätzlich geht es uns darum, die unbelebte Siliziumwelt mit der belebten Biologiewelt zu verbinden und daraus ein innovatives Unternehmen zu machen", so Wehners Statement. Dafür sucht das junge Unternehmen kompetente Mitarbeiter, die diesen spannenden Weg mitgestalten wollen und freut sich über Initiativbewerbungen von Fachleuten aus den Querschnittsbereichen Biologie, Physik, Elektrotechnik und Informatik.
Innerhalb der Gründerszene hat Venneos bereits einiges Aufsehen erregt, als sie im Frühjahr/Sommer 2015 zu den Gewinnern im Science4Life Venture Cup zählten, und zwar sowohl in der Konzept- als auch in der Businessplanphase. Der bundesweite Wettbewerb wird von der Gründerinitiative Science4Life e.V. ausgelobt, die wiederum von der hessischen Landesregierung und dem Gesundheitsunternehmen Sanofi initiiert wurde.