6,56 Mio Förderung: Erster Ganzkörper-PET-MRT Prototyp kann am Uniklinikum Tübingen erprobt werden
Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz in Bonn gab bekannt, dass das Universitätsklinikum Tübingen 6,56 Mio Euro für die Anschaffung eines vollkommen neuartigen multimodalen Ganzkörper-Tomographie-Systems für die Krebs-Diagnostik erhält. Das neue Ganzkörper PET-MRT kombiniert die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit der Magnetresonanztomographie (MRT) in einem Gerät. Diese Technologie wird es künftig ermöglichen, in einem einzigen Untersuchungsschritt sowohl die Struktur als auch gleichzeitig die Funktion von Organen im gesamten Körper darzustellen.
Prof. Dr. Claus D. Claussen, Ärztlicher Direktor im Department für Radiologie des Tübinger Universitätsklinikum: "Für unsere Patienten bedeutet dies künftig eine deutliche Reduktion der Untersuchungsbelastung, weil die Untersuchungszeit erheblich verkürzt werden kann und die Belastung durch Röntgenstrahlung entfällt. Bösartige Tumorherde oder Metastasen können mit dieser Technologie frühzeitiger entdeckt, eindeutiger charakterisiert und ihre Lage zu den Organen sicherer zugeordnet werden. Als Resultat sind frühzeitigere und zielgenauere Therapiemöglichkeiten zu erwarten."
Wichtige Schritte bis hin zur Entwicklung eines Kopf-PET-MRT wurden am Uniklinikum bereits erfolgreich abgeschlossen. Die Herausforderung für die Wissenschaftler besteht jetzt darin, die Technik von der Bildgebung am relativ kleinen Kopf auf den ganzen Körper zu übertragen.
Mit der Förderung dieses weltweit ersten Prototyps würdigt der Wissenschaftsrat auch die jahrelange Vorarbeit auf dem Gebiet des PET-MR der universitären Tübinger Radiologie.
Vergleichende Darstellung eines Meningeoms bei einem 70 Jahre alten Patienten mit verschiedenen Bildgebungstechniken
© Uniklinikum Tübingen
Jedes Jahr fordert der Wissenschaftsrat in Berlin die Universitäten auf, sich mit wissenschaftlichen Projekten um die Finanzierung von neuen Wissenschaftsbauten und dazugehörigen Großgeräten zu bewerben. Der Antrag aus Tübingen wurde mit "hervorragend" bewertet und nimmt unter den 18 bundesweit geförderten Projekten Rang 4 ein. Vom Wissenschaftsrat empfohlene Anträge müssen anschließend von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz zur Förderung genehmigt werden.
Prof. Claussen: "Wir freuen uns, dass der Wissenschaftsrat eine aus Deutschland kommende Innovation zur Förderung empfiehlt, die beste Chancen hat, sich weltweit als Diagnosemethode bei Tumorpatienten durchzusetzen. Mit diesem Gerät wird das vom Land Baden-Württemberg geförderte Exzellenzzentrum für Bildgebende Verfahren am Universitätsklinikum Tübingen eine noch stärkere internationale Anerkennung erfahren."
PET-MR - eine Tübinger Entwicklung
Das jetzt geplante Ganzkörper PET-MR baut auf den international herausragenden Tübinger Arbeiten auf dem Gebiet der PET-MR-Kleintierbildgebung (Labor für Präklinische Bildgebung, Prof. Bernd Pichler) auf, die unter anderem vom National Institute of Health, USA, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt werden und in der Fachzeitschrift Nature Medicine publiziert wurden.
Die im Tübinger Labor für Präklinische Bildgebung erprobte neuartige Bildgebungsmethode ermöglicht es, Mäuse in der biomedizinischen Grundlagenforschung nichtinvasiv zu untersuchen und liefert somit einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von Versuchstieren.
Basierend auf obiger, an Mäusen erprobten Technik, wurde zusammen mit der Firma Siemens das weltweit erste PET-MR für Abbildungen des Gehirns in Tübingen entwickelt. Mit dieser Technologie wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Heinz-Peter Schlemmer vom Radiologischen Department des Tübinger Universitätsklinikums die ersten Untersuchungen des menschlichen Gehirns Ende 2006 in Knoxville, USA, angefertigt und der erste Prototyp für umfangreichere Probandenuntersuchungen 2008 in Tübingen in Betrieb genommen. Dieses Gerät ermöglicht es schon jetzt, krankhafte Veränderungen des Gehirns gleichzeitig in ihrer Struktur als auch ihrer Funktion abzubilden.
Weltweit erste klinische Erprobung der Ganzkörper-PET-MRT-Technologie
Die Herausforderung für die Wissenschaftler besteht jetzt darin, die Technik von der Bildgebung am relativ kleinen Kopf auf den ganzen Körper zu übertragen. Dazu Prof. Pichler: "In Zusammenarbeit mit der Firma Siemens Healthcare in Knoxville Tennessee (USA) arbeiten wir intensiv an der Entwicklung eines hochauflösenden PET-Detektors, der sich in den Magnetresonanztomographen (MRT) integrieren lässt, aber gleichzeitig das Bild der Kernspinaufnahme (MRT) nicht verschlechtert. Eine Aufgabe, die sowohl von der technischen Problematik, als auch vonseiten der Datenverarbeitung her sehr, sehr komplex ist. Daher sind wir froh, im Bereich der Datenverarbeitung eng mit Prof. Bernhard Schölkopf vom Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik kooperieren zu können." Parallel arbeiten die Forscher an geeigneten Substanzen wie tumorspezifischen Biomarkern zur Gewebecharakterisierung für die PET-Untersuchung.
Die notwendigen Baumaßnahmen werden 2009/2010 erfolgen, das neue Gerät wird 2011 fertig entwickelt sein und aufgestellt werden. Ende des Jahres 2011 werden die ersten Patientenuntersuchungen an diesem Gerät durchgeführt werden können.