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BioPoLiS-Symposium: neues Bioproduktionslabor am Fraunhofer IPA eröffnet

Die Medizintechnik, die Biotechnologie und zunehmend die Verzahnung beider Gebiete bringen innovative Produkte hervor, für die neue Prozesse, Geräte und Anlagen gebraucht werden. Um diese unter realen Bedingungen zu entwickeln und zu testen, bündelt das Fraunhofer IPA in seinem neuen Labor Life-Sciences- und Ingenieur-Kompetenzen.

Am 9. Februar 2009 nahm BioPoLiS offiziell den Betrieb auf. Das eintägige Symposium am Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktions- und Arbeitstechnik, kurz IPA, informierte zum Einstand über Ziele und Arbeitsgebiete sowie die Bedeutung für die regionale und nationale Biotechbranche. Dabei wurde deutlich, wieviel Entwicklungsarbeit am IPA auch bisher schon, verteilt auf zahlreiche Abteilungen, für die Gebiete Medizin- und Biotechnologie geleistet wurde.

Dr.-Ing. Jan Stallkamp, für BioPoLiS verantwortlicher Abteilungsleiter im IPA © BioRegio STERN

Mit der Übernahme großer Teile der ehemaligen Fraunhofer Technologie-Entwicklungs-Gruppe TEG kamen weitere Life-Sciences-Themen hinzu, wie IPA-Leiter Prof. Dr.-Ing. Alexander Verl in seiner Eröffnungsrede erläuterte. Als Beispiele nannte er Entwicklungen für die Orthopädie und bei den Carbon Nanotubes – winzigen Kohlenstoffröhrchen, die unter anderem Potenzial zur Entwicklung künstlicher Muskeln bieten. Durch das Zusammenführen der Projekte zur Bioproduktion in einem zentralen Labor mit optimierten Rahmenbedingungen kann nun wesentlich schneller und konzentrierter an neuen Produkten und Prozessen gearbeitet werden.

Dr.-Ing. Jan Stallkamp leitet die Abteilung Produktions- und Prozessautomatisierung am IPA und hat BioPoLiS mit aufgebaut. „Neue Entwicklungen in der Biotechnologie erfordern eine Produktionstechnik, die bisher nur rudimentär besteht oder nicht effizient genug ist", erklärt er die Motivation für BioPoLiS. Erste Baukonzepte entstanden im März 2008, Baubeginn war im April 2009. Seitdem entstanden auf rund 100 Quadratmetern Laborflächen nach neuesten Standards, die bis zur biologischen Sicherheitsstufe S2 zertifizierbar sind. Hier sollen im Sinne des „simultaneous engineering", einer überlappenden Wertschöpfungskette, Ingenieure und Naturwissenschaftler Hand in Hand zusammenarbeiten. 24 Mitarbeiter und ebenso viele Studenten werden vom Start weg BioPoLiS mit Leben füllen. Stallkamp nutzte die Gelegenheit, um auf weitere Aufgaben hinzuweisen. Als Beispiel nannte er ein Kooperationsprojekt zur Automatisierung der Zellproduktion, an dem auch regionale Partner wie die BioRegion STERN, das Tübinger ZRM (Zentrum für Regenerationsbiologie und Regenerative Medizin) und das Kompetenznetzwerk Mechatronik BW e. V. Göppingen beteiligt sein werden.

BioPoLiS steht für eine neue Generation der Biotechnologie

Die Zukunft beziehungsweise die Entwicklung der Biotechnologie thematisierte Dr. Ekkehard Warmuth, der Leiter des Referats Biotechnologie beim BMBF, in seinem Vortrag. „Wir sind mitten in einer neuen Generation der Biotechnologie, die man auch als Biotechnologie 3.0 bezeichnen könnte", so Warmuth.

Das Biopolis-Labor des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts IPA soll zur Inkubationszelle für die neuesten Fortschritte der Laborautomatisierung werden. © BioRegio STERN

Er spannte den Bogen von der Biotechnologie 1.0 mit Entwicklungen, die durch den Fortschritt in den Steriltechniken ermöglichst wurden, über die Biotechnologie 2.0, bei der die Gentechnik neue Ansätze auch für die Wirkstoffentwicklung brachte, bis zur Biotechnologie 3.0, bei der sich neue Verfahren durch Kombinationen erschließen - etwa durch Verknüpfen der regenerativen Biotechnologie mit anderen Feldern wie der Bioinformatik. Warmuth betonte, wie wichtig es sei, bei der Bündelung nationaler Biotechnologiekompetenzen angrenzende Technologiebereiche und dabei vor allem die ingenieurwissenschaftlichen Gebiete zu berücksichtigen. Die Vision einer zellfreien Bioproduktion sei bereits greifbar, so Warmuth, und damit eine neue Generation biotechnologischer Verfahren, bei denen die Limitationen der Zelle überwunden würden.

Dr. Klaus Eichenberg, Geschäftsführer der BioRegio STERN Management GmbH, griff in seinem Vortrag das Thema Interdisziplinarität in regionalem Kontext auf: „Die Region weist sowohl im akademischen Bereich als auch in der Industrie Stärken in der Medizin- und Biotechnologie und im Maschinenbau auf. Diese Mischung macht die Region so einzigartig", sagte Eichenberg. Die in der BioRegion STERN angesiedelte Gesundheitsregion der Zukunft, REGiNA, sei auch ein wichtiger logischer Schritt, um die Medizintechnik und die Biotechnologie weiter zusammenzubringen. Mit REGiNA entsteht ein Anwenderzentrum für innovative regenerationsbiologische Technologien, durch die sich die Region seit jeher auszeichnet. Darüber bereits hinaus denkend identifizierte Eichenberg die nächste Herausforderung - nämlich Produkte der regenerativen Medizin mit modernen Produktionstechnologien herzustellen. Hier schließt sich der Kreis zu BioPoLiS: Mit dem neuen Labor verknüpfen sich auch für die BioRegion neue Chancen, um die Forschung schneller in wettbewerbsfähige Produkte umzusetzen.

 

Reproduzierbare Produkte und Prozesse etablieren

Beispiele für BioPoLiS-Arbeitsfelder nannte Dipl.-Ing. Andreas Traube. Er ist IPA-Gruppenleiter im Bereich Mechatronik und Prozesstechnik und ebenfalls stark bei BioPoLiS involviert. Er stellte den iterativen Prozess vor, der ausgehend von der Laborprozessentwicklung zur Geräteentwicklung, zur Prozessintegration und -anpassung und schließlich zur Validierung führt. „Wir können auf Modelle verzichten und an echten Produkten arbeiten", fasste er den großen Vorteil des neues Labors zusammen. So entsteht hier in enger Zusammenarbeit mit dem benachbarten Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB bis Herbst 2010 die Fraunhofer Tissue Fabrik - mit gezüchteter Haut als einem der Produkte, die ab 2011 die Fabrik verlassen sollen.

Das Symposium war auch die Plattform, um laufende IPA-Projekte vorzustellen, die jetzt in BioPoLiS einziehen, um hier beschleunigt weiterentwickelt zu werden. Vorgestellt wurde i-doT (immediate drop on demand Technology), ein System zur automatisierten Probenbehandlung in Mikrotiterplatten, das bereits erfolgreich am Ideen-Wettbewerb Science2Start 2009 teilnahm. Als weitere Beispiele wurden die Realtime-Detektion für eine hybride Festphasen-Flüssigphasen-PCR und Projekte an der Schnittstelle von Informatik und Bioproduktionstechnik präsentiert. Im Gegensatz zur reinen Biolaborforschung wird im BioPoLiS-Labor viel mit Bauteilen experimentiert, sperrige Geräte- und Anlagenteile inklusive. Um sie einfach ein- und ausbringen zu können, wurde das Labor mit einer Gabelstaplerzufahrt und einer Einführöffnung für Großgeräte versehen - eine Besonderheit für Biolabore, die wohl einzigartig sei, so Traube.

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/pm/biopolis-symposium-neues-bioproduktionslabor-am-fraunhofer-ipa-eroeffnet