Boehringer Ingelheim holt Luft für nächstes Wachstum
Boehringer Ingelheim hat im Krisenjahr 2009 seine Umsatzerlöse um 9,7 Prozent auf 12,7 Mrd. Euro gesteigert. Zum zehnten Mal in Folge wuchs damit Deutschlands zweitgrößtes Pharma-Unternehmen währungsbereinigt mit 6,7 Prozent erneut schneller als der Weltpharmamarkt. Auch der Gewinn stieg anders als im Vorjahr trotz höherer Investitionen in Forschung und Entwicklung um dreizehn Prozent auf 2,2 Mrd. Euro.
Da drei umsatzstarke Präparate ihren Patentschutz und damit Umsätze an billigere Nachahmer-Medikamente verlieren, erwartet das Unternehmen nach den Worten ihres Sprechers Andreas Barner für das „etwas schwierigere Geschäftsjahr 2010“ Umsätze auf Vorjahresniveau. Die Umsatzausfälle auf dem US-Pharmamarkt sollen „weitestgehend durch das Wachstum des Restportfolios ausgeglichen werden“.
2010 wird vom Unternehmen als Übergangsjahr bezeichnet. An der Strategie, Wachstum und Produkte vornehmlich aus eigener Forschung und Entwicklung zu gewährleisten, will das Unternehmen unverändert festhalten.
2010 wird Jahr des Übergangs
Jeder fünfte erlöste Euro fließt wieder in die Forschung und Entwicklung zurück
© Boehringer Ingelheim
„Verstärkte Aufwendungen für die wissenschaftliche Charakterisierung und Einführung“ neuer Medikamente und eine weitere Erhöhung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung werden 2010 das Betriebsergebnis 2010 belasten, kündigte Barner auf der Jahrespressekonferenz an. Damit lege das Unternehmen die „Grundlage für das künftige nachhaltige Wachstum“. „Wir erwarten 2010 weitere Neu-Einführungen, die Boehringer Ingelheim in eine erneute erfolgreiche Wachstumsphase führen.“
Mit 2,2 Mrd. Euro reinvestierte das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr 21 Prozent seiner Umsatzerlöse aus dem verschreibungspflichtigen Medikamenten-Geschäft in Forschung und Entwicklung neuer Medikamente und Therapien. Damit bewegt sich das Unternehmen auf dem Niveau der Jahre 2007 und 2008. Um rund zweihundert Mitarbeiter wuchs die Zahl der Beschäftigten im abgelaufenen Jahr. Sie betrug 2009 gut 41.500.
Große Hoffnungen ruhen auf Gerinnungshemmer
Aus den eigenen Laboren haben 2009 vor allem die Wirkstoffe im späten Entwicklungsstadium im Therapiebereich Gerinnungshemmung, zur Behandlung des verminderten sexuellen Verlangens der Frau, bei Typ-2-Diabetes und in der Onkologie „sehr robuste, für die Therapie erfolgversprechende Daten in den klinischen Studien“ geliefert.
Große Hoffnungen ruhen auf dem Gerinnungshemmer (Wirkstoffname Dabigatranetexilat), der Schlaganfällen bei Vorhofflimmern vorbeugen soll und Ende 2010, Anfang 2011 auf den Markt kommen soll. An weiteren Indikationen werde geforscht. Zwei Substanzen in der späten klinischen Entwicklung für Tumorerkrankungen wie Lungen-, Brust-, Eierstockkrebs und Darmkrebs haben dem Vernehmen nach gute Fortschritte gemacht. Auch für Linagliptin, eine Substanz mit dem neuen Wirkmechanismus der Hemmung der Dipeptidyl-Peptidase-4, wurden die klinischen Phase-III- Zulassungsstudien beendet. Die vollständigen Studienergebnisse des Präparats gegen Typ-2-Diabetes will das Unternehmen 2010 vorstellen.
Potenzial in Schwellenländern China, Indien und Russland
Wolfram Carius will Biotech-Geschäft weiter ausbauen.
© Boehringer Ingelheim
Im wichtigsten und größten Geschäftsgebiet, den verschreibungspflichtigen Medikamenten, erzielte Boehringer Ingelheim im Jahr 2009 rund 80 Prozent seiner Gesamterlöse in Höhe von gut zehn Milliarden Euro, was im Vorjahresvergleich mehr als zehn Prozent Wachstum auf Eurobasis bedeutet. Sechzig Prozent erlösten allein die Medikamente Spiriva, Alna/Flomax, Micardis und Sifrol/Mirapex.
Getragen wurde das Wachstum von allen Geschäftsregionen des Unternehmens, im Besonderen von Asien, Australien mit Erlösen von knapp 1,8 Mrd. Euro und einem währungsbereinigtem Zuwachs von 5,6 Prozent. Am geringsten fiel der Zuwachs in Europa aus.
Bei der Selbstmedikation erzielte das Unternehmen Gesamterlöse von 1,3 Mrd. Euro (währungsbereinigtes Plus von 2,7 Prozent). Dieses Geschäftsfeld gewinnt zunehmend an strategischer Bedeutung für Boehringer Ingelheim. 95 Prozent der Umsätze schuf das humanpharmazeutische, fünf Prozent das veterinärmedizinische Geschäft.
Im Unternehmensbereich Biotechnologie sanken die Umsätze durch marktbedingte geringere Abnahmemengen und Verzögerungen der klinischen Entwicklung bei Kunden auf Gesamterlöse von 553 Mio. Euro (-2,9 Prozent). Wolfram Carius, für das Geschäftsfeld der Biopharmaceuticals zuständig, kündigte an, das Unternehmen wolle „in der Entwicklung und Produktion für unsere weltweiten Kunden aus der Pharma- und Biotech-Industrie“ seine Dienstleistung weiter ausbauen, „besonders auch die Angebote für kleinere Biotechnologieunternehmen sowie in den ‚Emerging Countries’, insbesondere in China.“