Bologna wirkt: Studienabbruch an Hochschulen nimmt ab
Schon im Februar 2008 berichtete die HIS Hochschul-Informations-System GmbH über die Entwicklung der Studienabbruchquoten an den deutschen Hochschulen. Zum ersten Mal konnten dabei auch Werte für die neu eingeführten Bachelor-Studiengänge vorgelegt werden.
An deutschen Universitäten kommt es seltener zum Studienabbruch. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde und der Öffentlichkeit zugänglich ist. Demnach ist die Studienabbruchquote an deutschen Universitäten von 24 Prozent im Absolventenjahrgang 2004 auf 20 Prozent im Absolventenjahrgang 2006 gesunken. Dies ist ganz wesentlich auf die im Zuge der Bologna-Reformen eingeführten Bachelor-Studiengänge zurückzuführen. So ging der Studienabbruch in Sozialwissenschaften/Sozialwesen von 27 Prozent auf zehn Prozent, in den Sprach- und Kulturwissenschaften von 43 Prozent auf 32 Prozent und in den Agrar- Forst- und Ernährungswissenschaften von 14 Prozent auf sieben Prozent zurück.
Bundesbildungsministerin Schavan sagte mit Blick auf die Studie: "Diese positive Entwicklung zeigt, dass der Bologna-Prozess uns bei einem wichtigen hochschulpolitischen Ziel unterstützt: bei der deutlichen Reduzierung der Studienabbrecherquote. Die Einführung von Bachelor-Studiengängen an den Hochschulen trägt zu einem höheren Studienerfolg bei. Die Gründe dafür sind: der stärkere Berufsbezug, die bessere Strukturierung des Studiums und kürzere Studienzeiten. Die ersten Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen des Reformprozesses zeigen deutlich: Wenn wir im internationalen Wettbewerb um die besten Talente mithalten wollen, gibt es zum Bologna-Prozess keine Alternative."
In den Fächern Mathematik, Ingenieur- und Naturwissenschaften und Technik - den so genannten MINT-Fächern - gibt es eine recht hohe Abwanderungstendenz in andere Studienfächer. Bei der vorliegenden Analyse ist aufgrund der Datenlage jedoch noch keine Differenzierung mit Blick auf den Bachelor möglich. Schavan sagte dazu: "Klar ist: Wir haben ein großes Interesse daran, dass die Hochschulen und Länder die MINT-Studiengänge so gestalten, dass weniger Studierende abwandern. Die Bundesregierung leistet etwa über den Pakt zur Gewinnung von mehr Frauen für MINT-Berufe und -Studiengänge oder im Rahmen des Jahres der Mathematik - ihren Beitrag, die MINT-Studiengänge noch attraktiver für junge Menschen zu gestalten."
Die durchschnittlichen Studienzeiten haben sich laut HIS durch die Einführung des Bachelors verringert. Zudem gibt es erste positive Forschungsergebnisse zum Berufseinstieg von Bachelor-Absolventen. So zeigt der im Juni von Bund und Ländern vorgestellte Bericht "Bildung in Deutschland 2008", dass Bachelor-Absolventen insbesondere in den Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften gute Arbeitsmarktchancen haben. Auch erste Analysen zu Einstiegsgehältern weisen darauf hin, dass es hier kaum Unterschiede zwischen Fachhochschulabsolventen mit Diplom und Bachelor-Abschluss gibt.
Gute und schlechte Nachrichten
"Der Fleissige Student", Kupferstich von Johann Georg Puschner, zeigt das Studentenleben um 1725. Auch damals brauchten Studenten einen langen Atem.
Gerade in Ingenieur- und Naturwissenschaften, die für die Wirtschaft angesichts des Fachkräftemangels interessant sind, kehren trotz leichter Besserung nach wie vor sehr viele Studenten den Hochschulen den Rücken.
Ein zwiespältiges Bild ergibt sich bei den neuen Bachelor-Studiengängen, in welche die Wirtschaftsverbände einst große Hoffnung gesetzt hatten. Diese verkürzte und praxisnahe akademische Ausbildung ist zwar für immer mehr Schulabgänger attraktiver als das herkömmliche Studium. Doch gerade an den Fachhochschulen scheinen viele Studenten mit der komprimierten Wissensvermittlung Probleme zu haben: Mit 40 Prozent ist die Abbrecherquote hier enorm hoch. Wiederum ist der Anteil der Erfolglosen gerade in denjenigen Fächern erschreckend, in denen Deutschland dringend Nachwuchs braucht. An den Universitäten halten immerhin drei Viertel der Bachelor-Studenten bis zum Ende durch.
Die HIS-Studie zeigt, dass die durchschnittliche Abbruchquote an Fachhochschulen von 17 Prozent im Absolventenjahrgang 2004 auf 22 Prozent im Absolventenjahrgang 2006 zugenommen hat, und hier insbesondere in den Fächern Wirtschaftswissenschaften, Maschinenbau und Elektrotechnik. Als mögliche Ursachen für den Anstieg des Studienabbruchs in diesen Fächern werden hohe Leistungsanforderungen und die schwierige Vereinbarkeit von Studium und Nebenerwerb angeführt. Schavan: "Hier müssen wir schnell Abhilfe schaffen. Gemeinsam mit den Ländern und den Hochschulen muss geprüft werden, wie die Studienbedingungen verbessert werden können, damit das Potenzial der Studierenden auch in den technischen und wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen besser entwickelt wird. Die Bundesregierung hat mit der Erhöhung des BAFöG-Satzes, der Freibeträge und der Kinderpauschale bereits einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, die Vereinbarkeit von Studium und Familie, sowie Studium und Nebenerwerb zu erleichtern. Nun sind auch die Hochschulen aufgerufen, durch gute Betreuung und weitere Reformen der Curricula die Abbruchquoten in allen Studienbereichen zu senken."
Zu den Gründen des Studienabbruchs insbesondere auch von Studierenden in Bachelor-Studiengängen wird HIS im Frühjahr 2009 auf Basis einer Exmatrikuliertenbefragung eine detaillierte Untersuchung vorlegen, die ebenfalls durch das BMBF gefördert wird.
Quelle: BMBF - 07.07.08