Ein Pförtner in Pflanzenzellen
Der Arbeitsgruppe von Prof. Klaus Harter am Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) der Universität Tübingen ist es gelungen, ein wichtiges Protein bei der Stressreaktion von Pflanzenzellen zu identifizieren. Das Ergebnis erschien in PLoS ONE.
Pflanzen besitzen in den äußeren Zellschichten ihrer Blätter mikroskopisch kleine Atemöffnungen (Schließzellen) zur Steuerung des Kohlendioxid- und Sauerstoffaustauschs sowie zur Regulierung des Wasserhaushalts. Bei drohender Austrocknung und damit einsetzendem Wasserstress kann die Pflanzenzelle ihre Atemöffnungen sehr schnell schließen. Auch bei Kontakt mit Krankheitserregern wie beispielsweise Bakterien oder Pilzen versucht die Pflanze, solche Eintrittspforten schnell zu verriegeln. Wie die Schließzellen die ankommenden Stresssignale wahrnehmen, deren Informationsgehalt auswerten und anschließend den Vorgang des Schließens einleiten, war bisher weitgehend unklar. Die Erforschung solcher Prozesse ist ein wesentlicher Beitrag zum Verständnis der Stresstoleranz von Pflanzen.
Die Atemöffnungen in der Blattoberfläche ermöglichen Pflanzen den Gasaustausch. (Foto: Uni Basel, WBI Freiburg)
Ein wichtiger Botenstoff in der Pflanze ist Wasserstoffperoxid (H2O2); ein ansteigender H2O2-Spiegel im Zellinnern ist für die Schließzellen ein Stress-Signal und Auslöser des Schließprozesses. Ungeklärt war bisher, welches Molekülsystem in der Lage ist, die Konzentration von H2O2 im Inneren der Schließzelle zu messen.
AHK5-Protein spürt Stress auf
Prof. Dr. Klaus Harter, Geschäftsführender Direktor am Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) der Universität Tübingen. (Foto: ZMBP Uni Tübingen)
Klaus Harter und seine Team konnten nun, gemeinsam mit den Arbeitsgruppen von Alfred Meixner, Abteilung Nano-Optics des Physikalisch-Chemischen Instituts der Universität Tübingen und Radhika Desikan, Imperial College London, ein Protein identifizieren, das für die Wahrnehmung des H2O2-Spiegels im Innern der Schließzellen von zentraler Bedeutung ist. Dieses spezifische Protein mit Namen AHK5 kommt nur in Pflanzen vor und zählt zur Gruppe der Histidinkinase-Rezeptoren, die für vielfältige Signalübertragungsprozesse in Pflanzenzellen zuständig sind. Durch molekulare, biochemische Analysen und räumlich hochauflösende Spektroskopie war es möglich, die Expression des AHK5-Gens in den Schließzellen nachzuweisen und die Lokalisation des AHK5-Proteins in der lebenden Pflanzenzelle sehr genau zu bestimmen. Physiologische Untersuchungen an Pflanzen, die einen Defekt im AHK5-Gen haben, zeigten weiterhin, dass in diesen Mutanten die Schließzellen in diesen Mutanten nur noch sehr eingeschränkt in der Lage sind, sich zu schließen - mit fatalen Folgen für die Toleranz der Pflanze gegenüber Wasserstress oder dem Befall durch Krankheitserreger.
Da pflanzliche Zellen fähig sind, eine Vielzahl von Signalen gleichzeitig wahrzunehmen und zu verarbeiten, ist dieser Befund ein wichtiger Schritt zur Erforschung der Frage, wie Signalintegration bei höheren Pflanzen funktioniert.
In Zukunft will Harter die Funktion des AHK5-Proteins exakt charakterisieren und dabei das Zusammenspiel mit anderen Elementen der intrazellulären Signalleitung untersuchen: "Unser Verständnis für die hochkomplexen Regel- und Informationsverarbeitungsmechanismen in einer Pflanzenzelle ist auf molekularer Ebene noch immer äußerst rudimentär - da gibt es weiterhin viel Spannendes und Neues zu entdecken."
Diese spannenden Forschungen werden im Rahmen des interdisziplinären Promotionsverbunds "Pflanzliche Histidinkinasen" vom Land Baden-Württemberg und der Universität Tübingen gefördert.
Quelle: ZMBP - 19.06.08