Innovationsrat Baden-Württemberg verabschiedet Zwischenbilanz
Der Innovationsrat unterstützt die Landesregierung dabei, die Position Baden-Württembergs als Innovationsmotor Deutschlands und Europas zu erhalten und auszubauen. Nach eineinhalb Jahren intensiver Sacharbeit legt der Innovationsrat heute seine ersten Empfehlungen vor. Zentrale Empfehlung des Innovationsrats ist ein Sofortprogramm für Hochschulabsolventen der „MINT“-Fächer - Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Pressekonferenz am 22. Juli 2009 im Landtag: v.l.n.r.: Wissenschaftsminister Professor Dr. Peter Frankenberg, Professor Dr. Ernst Messerschmid, Ministerpräsident Günther H. Oettinger, Dr. Eberhard Veit und Wirtschaftsminister Ernst Pfister
"Diese Zwischenbilanz enthält wichtige Vorschläge, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Baden-Württemberg zu verbessern, die Innovationspotentiale von Hochschulen und Forschungseinrichtungen stärker nutzbar zu machen und den Technologietransfer auszubauen“, sagten die Vorsitzenden des Innovationsrats, Ministerpräsident Günther H. Oettinger, Dr. Eberhard Veit und Professor Dr. Ernst Messerschmid sowie Wissenschaftsminister Peter Frankenberg und Wirtschaftsminister Ernst Pfister am 22. Juli 2009 nach der sechsten Sitzung des Innovationsrats Baden-Württemberg, die am Vorabend im Technologie Center der Festo AG in Esslingen stattgefunden hatte.
Der Innovationsrat wurde Ende 2007 für die Dauer der Legislaturperiode eingerichtet. Dem Gremium gehören rund 50 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Kirchen, Sport und Medien sowie Vertreter von Kommunen, Verbänden, Kammern und Gewerkschaften an. Ständige Mitglieder sind Wissenschaftsminister Professor Dr. Peter Frankenberg und Wirtschaftsminister Ernst Pfister. Weitere Mitglieder der Landesregierung nehmen themenbezogen an den Sitzungen teil.
Sofortprogramm: Beschäftigung für MINT-Absolventen im Hochschulbereich
Zentrale Empfehlung des Innovationsrats ist ein Sofortprogramm für Hochschulabsolventen der „MINT“-Fächer - Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. „Der Fachkräftemangel wird durch die aktuelle Krise nur vorübergehend überdeckt. Deshalb sollten Land, Hochschulen und Wirtschaft alles daran setzen, dass gut ausgebildete Hochschulabgänger nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Ebenso wichtig ist die Signalwirkung für Schülerinnen und Schüler. Nur wenn wir belastbare Perspektiven aufzeigen, wird das Interesse an den MINT-Fächern stabil bleiben“, sagten Dr. Eberhard Veit und Prof. Ernst Messerschmid.
MINT-Absolventen, die in den nächsten Wochen und Monaten ihr Studium abschließen und aufgrund der Wirtschaftskrise keinen Arbeitsplatz finden, sollen - so die Empfehlung des Innovationsrats - Beschäftigungsmöglichkeiten an Hochschulen angeboten werden. Entscheidend sei dabei die Kooperation mit der Industrie. „Ein solches Programm dient der Weiterbildung der Absolventen, aber vor allem bietet es ihnen einen ersten Einblick in die Unternehmen, die sich auch an der Finanzierung des Gesamtprogramms beteiligen“, erläuterte Dr. Veit. Baden-Württemberg nehme mit dem Programm bundesweit eine Vorreiterrolle ein.
„Ich begrüße diesen Vorschlag des Innovationsrats nachdrücklich. Wir werden darüber zeitnah im Ministerrat beraten, mit dem Ziel, ein solches Sofortprogramm für Absolventen der MINT-Fächer aufzulegen. Wir planen, bereits im Herbst zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten im Wissenschaftsbereich anzubieten“, sagte der Ministerpräsident.
Empfehlungen zur Verbesserung des Wissenstransfers
Neben dem Thema „Strategien gegen den Fachkräftemangel“ hat sich der Innovationsrat schwerpunktmäßig mit dem Wissenstransfer an der Nahtstelle von Wissenschaft und Wirtschaft befasst. „Förderliche Rahmenbedingungen für den Technologietransfer sind ein entscheidender Faktor für die Stärkung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Baden-Württemberg“, erläuterte Prof. Messerschmid, der im Vorstand des Innovationsrats die Themen Wissenschaft und Forschung vertritt.
Die Empfehlungen des Innovationsrats zielen auf die Intensivierung der Kooperation zwischen den Unternehmen und zwischen Wirtschaft und Wissenschaft auf allen Stufen der Wertschöpfungskette, auf den Ausbau des Technologietransfers und die bessere Nutzbarmachung der Potentiale, die in Hochschulen und Forschungseinrichtungen vorhanden sind. „Der Innovationsrat will als unabhängiges Beratungsgremium der Landesregierung mit den nun vorliegenden Handlungsempfehlungen eigene Akzente im Innovations- und Technologie-Bereich setzen“, sagten Dr. Veit und Prof. Messerschmid.
Wissenschaftsminister Professor Frankenberg betonte: „Das Land verfügt nicht nur über eine starke Wirtschaft, sondern auch über eine international konkurrenzfähige Forschungsinfrastruktur und hervorragende Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Die Innovationspolitik des Landes zielt darauf ab, diese Potentiale zu bündeln. Wirtschaft und Wissenschaft müssen gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen entwickeln, die sich unserer Gesellschaft stellen. In diesem Zusammenwirken liegen unsere Chancen, auch in Zukunft einen hohen Lebensstandard zu sichern. Die Empfehlungen des Innovationsrats bestätigen diese Einschätzung.“
Wirtschaftsminister Ernst Pfister zeigte sich überzeugt, dass die dynamischen Unternehmen im Land die anstehenden Herausforderungen bewältigen und sogar gestärkt aus der gegenwärtigen Krise hervorgehen können: „Ich setze auf die Unternehmen im Land, die sich mit innovativen Produkten und Verfahren schnell auf veränderte Kundenwünsche und Marktverhältnisse einlassen. Sie werden – unabhängig von der Größe - einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil auf den Märkten haben. Dazu brauchen sie aber – mehr denn je – eine frühe interdisziplinäre Vernetzung mit anderen Unternehmen ihrer Wertschöpfungskette und mit Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen. Vor diesem Hintergrund freue ich mich, dass der Innovationsrat Maßnahmen empfohlen hat, die die Innovationskraft der Wirtschaft durch bessere Vernetzung von Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlichen Institutionen erhöhen sollen.“
Die wichtigsten Empfehlungen:
- Stärkung und Ausbau des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim, mit dem Ziel, die wirtschaftspolitische Beratungskompetenz des ZEW auf die Themenfelder „Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit wissensbasierter Volkswirtschaften in der Europäischen Union“ zu erweitern und die Wettbewerbsfähigkeit der Metropolregion Rhein-Neckar als Wissenschafts- und Forschungsstandort weiter zu steigern. Das ZEW hat sich seit seiner Gründung im Jahre 1990 als eines der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute mit hoher europäischer Reputation etabliert. Neben der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung zählen zu den Aufgaben des ZEW die wirtschaftspolitische Beratung und der Wissenstransfer.
- Einrichtung eines landesweiten Innovationsforums Baden-Württemberg und Finanzierung von Kooperationsprojekten, um entlang der gesamten Wertschöpfungskette den Austausch zwischen Unternehmen einerseits sowie zwischen Unternehmen und Hochschulen bzw. Forschungseinrichtungen andererseits zu verstärken. Außerdem soll auch die Zusammenarbeit bestehender landesweiter und regionaler Technologienetzwerke verbessert werden. Zur Intensivierung des Wissenstransfers wird die Entwicklung einer themenübergreifenden Softwareplattform vorgeschlagen. Durch die Förderung vorwettbewerblicher Verbundforschungsprojekte sollten Anreize geschaffen werden, damit sich kleine und mittlere Unternehmen stärker an Netzwerken beteiligen.
- Gründung weiterer Forschungskooperationen nach dem erfolgreichen Modell „Industry on Campus“. Es handelt sich dabei um neuartige Modelle des Wissenstransfers im Bereich der Zukunftstechnologien. Im Rahmen von strategischen Allianzen zwischen Unternehmen und Hochschulen bzw. Forschungseinrichtungen werden industrierelevante Forschungsfelder bearbeitet. Erfolgreiche Beispiele für die gemeinsame Forschung in „Industry on Campus“-Projekten sind das „Projekthaus e-drive“ (elektronische Antriebe; Universität Karlsruhe / KIT gemeinsam mit der Daimler AG) sowie die Projekte „CARLA“ (Katalyseforschung; Universität Heidelberg gemeinsam mit BASF) und „Bildverarbeitende Verfahren“ (Universität Heidelberg mit Bosch, Heidelberger Druck und einer Reihe mittelständischer Unternehmen).
- Erprobung neuer Kooperationsmodelle für den Wissenstransfer, insbesondere zur Weiterqualifizierung von Mitarbeitern aus der Industrie und zur Erleichterung des Personalaustauschs für wechselseitige Tätigkeiten in Industrie, Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Als Modelle kommen z. B. in Frage: gezielte Weiterbildung von Mitarbeitern aus der Industrie in innovativen Themenbereichen der Hochschule, Doktorandenausbildung in transferorientierten Graduiertenkollegs bzw. die Qualifizierung durch Auslandsaufenthalte bei universitären Forschungspartnern bzw. Auslandsniederlassungen. Die Kooperationsmodelle umfassen unterschiedliche Qualifikations- und Einstiegsniveaus. Pilotprojekte könnten auch im Rahmen des MINT-Programms durchgeführt werden.
- Gründung eines Kreativitäts- und Innovationsrings, um die Zusammenarbeit der Institutionen in den Bereichen Kunst, Kultur und Kulturwirtschaft zu verstärken. Über Symposien, Wettbewerbe und Veranstaltungen sollte - wie von der Akademie Schloss Solitude in ihrem Programm „art, science & business“ bereits praktiziert - der Transfer von Wissen und Erfahrung zwischen den unterschiedlichen Berufs- und Arbeitswelten von Kunst und Wirtschaft gefördert werden. Der Förderung der Kreativität sollte bereits in der Schule mehr Raum gegeben werden. Dabei könnte an den Wettbewerb „ImPuls“, den das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport zur Förderung von Kooperationen zwischen Schulen, Kulturschaffenden und Kultureinrichtungen ins Leben gerufen hat, angeknüpft werden.