Ulmer Forscher entdecken neuen Biomarker bei Herz-Patienten
Wissenschaftlern um den Epidemiologen Dietrich Rothenbacher ist an der Ulmer Uniklinik im Rahmen der Langzeitstudie über koronare Herzerkrankungen (KHK) ein Durchbruch gelungen. Sie entdeckten einen Proteinkomplex, der bei Patienten mit KHK Aussagen über deren weiteren Krankheitsverlauf ermöglicht.
Mediziner nennen sie koronare Herzerkrankung (KHK) und bezeichnen damit einen meist jahrelangen, mitunter Jahrzehnte andauernden Prozess, bei dem die Herzkranzgefäße Engstellen oder Verschlüsse aufweisen. Herzkranzgefäße sind diejenigen Blutgefäße, welche das Herz mit sauerstoffreichem Blut und Energie liefernden Nährstoffen versorgen.
Die koronare Herzerkrankung kann weitere Erkrankungen nach sich ziehen, Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen oder Herzschwäche. Nach einem Infarkt kommt es nicht selten zu weiteren Komplikationen. Zusammen mit dem Infarkt zählt die KHK zu den mit Abstand häufigsten Todesursachen in Deutschland. Dies geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2010 hervor.
Troponin erhält auch prognostische Bedeutung
Entdeckten neuen Biomarker, der Kardiologe Prof. Wolfgang Koenig (links) und der Epidemiologe Prof. Dietrich Rothenbacher.
© UK Ulm
Jetzt haben Forscher um den Ulmer Epidemiologen Dietrich Rothenbacher und den Kardiologen Wolfgang Koenig (Klinik für Innere Medizin II-Kardiologie, Universitätsklinikum Ulm) herausgefunden, dass ein leicht erhöhter Serum-Troponin-Spiegel im Blut von KHK-Patienten ein Indikator für den weiteren Krankheitsverlauf ist. Troponin ist ein Proteinkomplex, der nach einer Schädigung von Herzmuskelzellen in das Blut abgegeben wird. Zur Diagnose eines akuten Herzinfarkts wird der Troponin-Spiegel bereits herangezogen, die prognostische Bedeutung bei chronisch Koronarkranken ist aber noch unklar.
Im Zuge der so genannten KAROLA-Studie (Langzeiterfolge der KARdiOLogischen Anschlussheilbehandlung) haben die Wissenschaftler Patienten mit einer stabilen koronaren Herzerkrankung über acht Jahre begleitet und den Troponin-T-Spiegel (hs-TnT) mit einem hochempfindlichen Test gemessen. Zu Studienbeginn befanden sich alle Patienten in der Anschlussheilbehandlung eines akuten kardiovaskulären Ereignisses oder einer Koronararterien-Bypass-Operation. Patientendaten wurden unter anderem per Fragebogen erhoben.
Statistik ergibt deutlichen Zusammenhang
Insgesamt nahmen 1050 Personen im Alter von 30 bis 70 Jahren an der Langzeiterhebung teil. Der „Durchschnittspatient“ war männlich und fast 59 Jahre alt. Rund ein Achtel erlitt im Erhebungszeitraum ein Zweitereignis wie einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder verstarb nach einer kardiovaskulären Komplikation. Mit verschiedenen statistischen Methoden stellten die Wissenschaftler eine Beziehung zwischen den hs-TnT-Werten und der Prognose der Patienten dar. Dies führte zu einem klarem Ergebnis: „Wir haben einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem hs-TnT-Spiegel und einem kardiovaskulären Zweitereignis gefunden. Ein erhöhter Messwert ist außerdem mit weiteren Merkmalen wie Diabetes und hohem Blutdruck assoziiert“, sagt Dietrich Rothenbacher.
Jetzt Untersuchungen zur klinischen Tauglichkeit
Praktische Einsatzmöglichkeiten des neuen Biomarkers sollten weiter untersucht werden. Womöglich könne er zusätzlich zu etablierten Faktoren bei der Identifikation von Hochrisikopatienten helfen. Diese Patienten könnten dann einer intensiveren Therapie zugeführt werden.
Die Ergebnisse der KAROLA-Studie sind vorab online auf der Webseite der Fachzeitschrift „Clinical Chemistry“ erschienen. Neben den Ulmer Forschern waren Wissenschaftler der Abteilung für Klinische Epidemiologie und Alternsforschung des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg (Leitung Hermann Brenner) sowie der Klinik am Südpark in Bad Nauheim und der Schwabenlandklinik (Isny) beteiligt.
Bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) Mitte Juni in Berlin ist Professor Dietrich Rothenbacher, Leiter des Instituts für Epidemiologie und Medizinische Biometrie an der Universität Ulm, für sein Abstract zur KAROLA-Studie mit einer Ehrenurkunde gewürdigt worden.
Literatur:
Koenig W, Breitling LP, et al.: Cardiac Troponin T Measured by a High-Sensitivity Assay Predicts Recurrent Cardiovascular Events in Stable Coronary Heart Disease Patients with 8-Year Follow-up. Clinical Chemistry. https://www.gesundheitsindustrie-bw.dewww.clinchem.org/content/early/2012/05/25/clinchem.2012.183319.abstract