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Alarmone als Signalgeber bei zellulärem Stress

Der Konstanzer Chemiker Prof. Dr. Andreas Marx erhält erneut den hochdotierten Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC). Damit geht der Forschungspreis bereits zum zweiten Mal an Andreas Marx und insgesamt zum dritten Mal an den Fachbereich Chemie der Universität Konstanz. In dem geförderten Projekt geht es um die Erforschung von sogenannten Alarmonen und ihrer Funktion bei der Modifikation von Proteinen als Antwort auf zellulären Stress. Die Arbeiten werden helfen, die Rolle dieses Vorgangs bei Krankheiten wie Krebs oder degenerativen Erkrankungen des Nervensystems besser zu verstehen.

Das Genom enthält die Gesamtheit der vererbbaren Informationen eines Lebewesens und wird daher häufig vereinfachend als „Bauplan des Lebens“ bezeichnet. Mit seinen rund 20.000 Genen, welche die Anweisungen für die Herstellung von Proteinen tragen, besitzt das menschliche Genom jedoch deutlich weniger Gene als zum Beispiel das eines Blumenkohls. Doch wie kommt es, dass der menschliche Körper in Entwicklung, Aufbau und Funktion trotzdem so viel komplexer ist als diese Pflanze? Des Rätsels Lösung liegt teilweise in der nachträglichen, chemischen Modifikation von Proteinen, welche die Zahl an Proteinvarianten gegenüber der reinen Zahl an Genen deutlich erhöht.

Nachträgliche Proteinmodifikation bei zellulärem Stress

Eine bestimmte Form dieser nachträglichen Modifikation – sozusagen einer „chemischen Verkleidung“ – von Proteinen, die als AMPylierung bezeichnet wird, untersuchen der Konstanzer Chemiker Prof. Dr. Andreas Marx und seine Arbeitsgruppe in dem durch den ERC Advanced Grant geförderten Forschungsprojekt mit dem Kurztitel „AMP-Alarm“. Bei der AMPylierung wird durch sogenannte kovalente Bindung ein Adenosinmonophosphat – kurz AMP – an die Proteine angeknüpft, wodurch sich die Eigenschaften der Proteine verändern.

Das Projekt wird insbesondere beleuchten, welche Rolle „Alarmone“ bei diesem Vorgang spielen. Alarmone können als AMP-Spender dienen und verdanken ihren Namen der Tatsache, dass sie bei zellulärem Stress vermehrt gebildet werden. „Es ist bereits seit Jahrzehnten bekannt, dass Alarmone bei Stress in deutlich erhöhten Konzentrationen in der Zelle zu finden sind. Es liegt also die Vermutung nahe, dass sie als Signalgeber dienen und die Stressantwort der Zelle regulieren“, erklärt Marx. „Bisher weiß jedoch niemand, wie das genau passiert. Unser Projekt soll daher einen fundamentalen Beitrag leisten, diese Vorgänge aufzuklären.“

Auf der Suche nach den beteiligten Protagonisten

Dass Alarmone bei der nachträglichen Veränderung von Proteinen durch AMPylierung eine Rolle spielen, wurde durch Marx und sein Team bereits in Vorarbeiten gezeigt. Eines der Projektziele ist es nun, geeignete chemische Werkzeuge zu entwickeln, um weitere beteiligte Protagonisten des Vorgangs zu identifizieren. „An der AMPylierung ist sehr wahrscheinlich eine ganze Reihe von Proteinen beteiligt. Man benötigt zum Beispiel ‚Schreiber-Proteine‘, die die Modifikation vermitteln, ‚Lese-Proteine‘, welche die Modifikation interpretieren, und gegebenenfalls ‚Lösch-Proteine‘, die sie rückgängig machen können“, verbildlicht Marx.

Einen ersten, bedeutenden Erfolg bezüglich des Projekts können die Forschenden um Marx bereits vorweisen. So entdeckten sie mittels chemisch modifizierter Alarmone ein menschliches Protein, welches AMPyliert wird, und entschlüsselten erstmalig dessen Funktion. Da vorläufige Ergebnisse darauf hindeuten, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Protein und Krankheiten wie Krebs oder degenerativen Erkrankungen des Nervensystems gibt, wird es jetzt mit Nachdruck durch Marx und seine Arbeitsgruppe untersucht. Auf lange Sicht wird das Projekt also auch neue Erkenntnisse für den Kampf gegen derartige Krankheiten liefern.

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/pm/alarmone-als-signalgeber-bei-zellulaerem-stress