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Anhörung im Wirtschaftsausschuss | BVMed: „Chancen von IPCEI-Health nutzen und gleichzeitig Innovationshemmnisse abbauen“

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) hat sich in der heutigen Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages für eine Teilnahme am europäischen IPCEI-Health-Programm („Important Project of Common European Interest“) ausgesprochen. Neben Arzneimitteln und Biotechnologien sollen künftig auch Medizintechnologien stärker gefördert werden. „IPCEI-Health bietet die Möglichkeit der Unterstützung hochinnovativer Ansätze der Gesundheitswirtschaft“, heißt es in der BVMed-Stellungnahme. Gleichzeitig sollten bestehende Innovationshemmnisse abgebaut werden, um den deutschen Markt attraktiver für Investitionen zu machen, sagte die stellvertretende BVMed-Vorstandsvorsitzende Dorothee Stamm, die als Sachverständige zur Anhörung im Wirtschaftsausschuss geladen war.

Positiv bewertet der BVMed, dass für die neue IPCEI-Förderwelle Mittel im Bundeshaushalt eingeplant sind. „Wichtig für eine zielgerichtete Verwendung ist nun eine koordinierte Aktion von Wirtschaft und Politik zur Vorbereitung der zweiten Förderwelle von IPCEI-Health, um den Erfordernissen der Gesundheitswirtschaft passgenau Rechnung zu tragen“, so der BVMed. Die wichtigen Themenfelder sollten in einem Prozess gemeinsam mit der Gesundheitswirtschaft entwickelt werden, „damit spätere Anträge mit Erfolgsaussichten gestellt werden können“. Dabei müssten die Notwendigkeiten der zum großen Teil mittelständisch geprägten Medizintechnikindustrie stärker einbezogen werden, so das Anliegen des BVMed.

Ebenso wichtig sei es aber auch, Innovationshürden auf nationaler Ebene zu beseitigen, damit Unternehmen wieder verstärkt in Deutschland investieren. „Der zeitnahe Zugang von medizintechnologischen Therapien in die Versorgung ist hierfür essenziell. Entsprechend müssen Zulassungs- und Erstattungsverfahren beschleunigt und an die Erfordernisse innovativer Produkte angepasst werden“, so Stamm in der Anhörung. Sie sprach sich zudem für eine bessere Nutzung von Gesundheitsdaten aus. „Viele der Daten, die Medizinprodukte generieren, bleiben bislang für die Versorgung ungenutzt, obwohl sie für den Verlauf der Therapie einen echten Mehrwert bieten könnten. Woran es in Deutschland fehlt, ist ein Zugang zu Gesundheitsdaten auch für die Industrie, um genau diesen Datenschatz heben zu können.“

Darüber hinaus nennt der BVMed in seiner Stellungnahme fünf Themenfelder und Beispiele, um den deutschen Markt resilienter und attraktiver zu machen:

  1. Europäische Produktion sichern: Für den Aufbau von europäischer Produktion bedarf es nachhaltiger Finanzierungsmodelle. So bekam die Medizintechnik-Branche in der Corona-Pandemie zwar eine Förderung für Maschinen zur Herstellung medizinischer Masken, aufgrund der niedrigen Erstattungspreise im Markt ist die Produktion mittlerweile jedoch wieder eingestellt.
  2. Halbleiterversorgung gewährleisten: Bei der Knappheit an Halbleitern, die für eine Reihe von Medizinprodukten essenziell sind, müssen zeitnah europäische Lösungen zur vorrangigen Sicherstellung der Versorgung gefunden werden.
  3. Lieferketten härten: Europäische Projekte sind auch bei der Verfügbarkeit von sensiblen Rohstoffen und Vorprodukten sowie bei gegen Stromausfall „gehärtete“ Logistikketten bzw. -zentren denkbar.
  4. Digitale Bestandsplattform organisieren: Über eine Lagerhaltung hinaus sollte eine digitale Bestandsplattform versorgungskritischer Medizin- und Arzneimittelprodukte aufgebaut werden, um der Politik Transparenz in Echtzeit geben zu können.
  5. Schnellere digitale Transformation: Die notwendige digitale Transformation, digitale Vernetzung sowie Flexibilität für die Kostenerstattung neuer, patient:innenzentrierter Versorgungsformen im Gesundheitswesen geht in Deutschland nur schleppend voran. Durch das IPCEI-Health-Projekt könnten digitale Innovationen gefördert und vorangetrieben werden.

„Medizintechnik kann eine der Zukunftsbranchen in Deutschland sein. Innovationen in der Medizintechnik bieten ein großes Potenzial für die Gesundheitsversorgung der Zukunft und zugleich große wirtschaftliche Chancen für Unternehmen in Deutschland. Eine forschungsstarke, leistungsfähige, wirtschaftlich gesunde und international wettbewerbsfähige Medizintechnik-Branche ist daher auch für den Wirtschafts-, Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland essenziell“, so der BVMed in seiner Stellungnahme.

Hintergrund

Die Medizintechnik-Branche ist ein bedeutender Teil der Gesundheitswirtschaft in Deutschland:

  • Die Medizintechnik-Unternehmen beschäftigen in Deutschland über 250.000 Menschen.
  • Die Branche ist stark mittelständisch geprägt. 93 % der Unternehmen beschäftigen weniger als 250 Mitarbeitende.
  • Die Branche ist ein wichtiger Treiber des medizinischen Fortschritts und hochinnovativ. Im Durchschnitt investieren die Medizintechnik-Unternehmen rund 9 % ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung, die Produktzyklen sind sehr kurz, rund ein Drittel der Produkte sind nicht älter als drei Jahre.
  • Deutsche Medizintechnik ist auf dem Weltmarkt sehr erfolgreich. Die Exportquote liegt bei rund 66 Prozent, der Gesamtumsatz bei über 36 Mrd. Euro.

Moderne Medizintechnologien sind essenziell zur Lösung der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Gesundheitsversorgung. Sie tragen zu einer Verbesserung der Versorgung bei und können gleichzeitig für Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem sorgen.

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/pm/anhoerung-im-wirtschaftsausschuss-bvmed-chancen-von-ipcei-health-nutzen-und-gleichzeitig-innovationshemmnisse-abbauen