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Dritte Jahresveranstaltung des Forums Gesundheitsstandort

Baden-Württemberg setzt auf eine starke Gesundheitsbranche. Der medizinische Fortschritt wird digital und datengetrieben sein. Das Forum Gesundheitsstandort hat in diesem Jahr 22 weitere Vorhaben mit rund 52 Millionen Euro gefördert. Im Forum sind über 500 Akteure aus dem Gesundheitsbereich vertreten.

„Die Digitalisierung und Vernetzung helfen uns heute dabei, Krankheiten wie Krebs besser zu diagnostizieren und zu therapieren. Deshalb werden wir die Möglichkeiten einer sinnvollen Datennutzung noch mehr in den Fokus unserer Anstrengungen rücken“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann anlässlich der dritten Jahresveranstaltung des Forums Gesundheitsstandort Baden-Württemberg. „Doch wir wissen auch, dass Daten im Gesundheitsbereich sensibel sind. Deshalb wollen wir ihre Nutzung ermöglichen und gleichzeitig hohe Schutzstandards garantieren. Wenn wir uns dieser Aufgabe nicht stellen, dann wird der medizinische Fortschritt an anderen Orten stattfinden – ohne dass europäische Standards eingehalten werden.“

Über 500 Akteure im Forum vertreten

Von Seiten der Landesregierung nahmen neben Ministerpräsident Kretschmann auch die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Theresia Bauer, und der Minister für Soziales, Gesundheit und Integration, Manfred Lucha, an der Veranstaltung teil. Daneben in Vertretung der Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, auch Ministerialdirektor Michael Kleiner.

Bei der dritten Jahresveranstaltung des Forums Gesundheitsstandort, die vor Ort in der Stuttgarter Carl Benz Arena sowie online durchgeführt wurde, kamen über 200 Akteurinnen und Akteure zusammen. Dabei wurde eine Bilanz der Aktivitäten und Erfolge gezogen und zugleich ein Überblick über die künftige Arbeit des Forums gegeben. Das Forum Gesundheitsstandort wurde von Ministerpräsident Kretschmann im Jahr 2018 ins Leben gerufen. Heute sind über 500 Akteure aus der Gesundheitsforschung, der Gesundheitswirtschaft und der Gesundheitsversorgung im Forum vertreten.

22 weitere Vorhaben mit rund 52 Millionen Euro gefördert

Das Forum Gesundheitsstandort hat in diesem Jahr mit rund 52 Millionen Euro eine weitere Förderrunde verwirklicht, mit der 22 weitere Vorhaben durchgeführt werden können. Die Nutzung von Daten ist dabei in vielen Projekten ein wesentlicher Ansatzpunkt. Der Vorstand der Roche Pharma AG Deutschland und einer der Sprecher des Forums, Prof. Hagen Pfundner, betonte: „Baden-Württemberg hat mit dem Forum Gesundheitsstandort Maßstäbe gesetzt: Nirgendwo sonst herrscht ein derart großes Verständnis der Landespolitik dafür, dass die Leitindustrie Gesundheit nicht nur die beste Versorgung der Menschen bietet, sondern gleichzeitig echte wirtschaftliche Stärke in einer Zukunftsbranche sicherstellt. Diese Zukunft wird auf Daten gebaut, direkt aus der Versorgung können mit ihnen ungelöste Fragen der Medizin beantwortet werden. Vom Forum in Baden-Württemberg senden wir das Signal in den Bund und nach Europa, dass diese Daten erhoben und für die akademische sowie private Forschung gleichermaßen zur Verfügung gestellt werden müssen. Andere Staaten der Europäischen Union (EU) machen bereits vor, dass Datenschutz auf dem Weg hin zu einer digitalen Versorgung kein Hemmschuh sein muss."

Das Forum macht sich auch für Verbesserungen bei der Umsetzung der Medizinprodukteverordnung der EU (MDR) stark. Gerade kleine und mittlere Unternehmen stellt die MDR vor große Herausforderungen. Der bürokratische Aufwand ist groß und die Folgekosten so hoch, dass Innovationen verhindert werden. Darum hat sich die Landesregierung mit konkreten Vorschlägen auf EU-Ebene eingebracht. Es geht unter anderem darum, die besondere Situation bei Nischenprodukten zu berücksichtigen und alternative Lösungen für klinische Prüfungen bei Bestandsprodukten zu finden. „EU-Regulatorien dürfen nicht zur Existenzbedrohung für unsere Medizinproduktehersteller werden. Baden-Württemberg setzt sich hier für seine Hersteller ein und ist mit diesem Einsatz auch zu einem echten Zugpferd geworden“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Das Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg

Beim Auftakt zum Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg am 12. Juli 2018 haben sich die Beteiligten darauf verständigt, in einem strategischen Prozess mit Unterstützung der Landesregierung Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, um den Gesundheitsstandort Baden-Württemberg auf ein höchstmögliches Niveau zu entwickeln.

Die Themen des Forums sind in drei Blöcken dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus und dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration zugeordnet. Die Gesamtkoordinierung erfolgt durch das Staatsministerium. Innerhalb dieser Themenblöcke bringen die Akteure des Forums ihre Ideen zur Weiterentwicklung des Gesundheitsstandorts ein. Die dafür vorgesehenen Gremien stehen grundsätzlich allen Akteuren des Forums offen, um so die Anliegen aller Bereiche einbringen zu können.

Die BIOPRO Baden-Württemberg GmbH ist als Landesgesellschaft mit einer umfassenden Bündelungs-, Koordinierungs- und Geschäftsstellenfunktion für das Forum betraut. Nach wir vor besteht die Möglichkeit, Akteur beim Forum Gesundheitsstandort zu werden. Nähere Auskünfte hierzu gibt die BIOPRO unter forum.gsbw(at)bio-pro.de, Tel.: +49 (0) 711 218185 31.

Stimmen zur Jahresveranstaltung des Forums

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus

„Unsere traditionell starke Gesundheitsindustrie in Baden-Württemberg hat nicht nur maßgeblich zur Bewältigung der Pandemie beigetragen. Sie entwickelte sich unter dem Dach des Forums Gesundheitsstandort BW zu einer Leitbranche Baden-Württembergs mit europaweiter Strahlkraft. Grundpfeiler für diesen Erfolg sind sowohl unsere Förderangebote als auch Initiativen und Aktivitäten zu aktuellen Schwerpunktthemen wie Digitalisierung, Datennutzung oder Künstliche Intelligenz. Zudem setzen wir uns im Sinne unserer Unternehmen für die bestmöglichen regulatorischen Rahmenbedingungen ein.“

Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst

„In der Pandemie haben wir das Notwendige mit dem Sinnvollen verbunden: Wir haben den Gesundheitsstandort tatkräftig abgesichert – insbesondere die Unikliniken. Gleichzeitig haben den Gesundheitsstandort strategisch weiterentwickelt. So haben wir allein als Wissenschaftsministerium mehr als 100 Millionen Euro für einen neuen Kooperationsverbund Hochschulmedizin, einen neuen Innovationscampus zu Gesundheit/Lebenswissenschaften und weitere Maßnahmen zur Verfügung gestellt, unter anderem zur Absicherung des Hochschulmedizinstandortes Mannheim. Bei unseren strategischen Investitionen stand der Kerngedanke des Forums Pate: Damit wir den Gesundheitsstandort BW stärken, müssen wir alle Kräfte bündeln und eng kooperieren – das gilt von der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum, über die Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Datenschutz bis zur Stärkung der internationalen Spitzenforschung.“

Manfred Lucha, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration

„Die Corona-Pandemie markierte auch für unser Gesundheitssystem eine gewaltige Zäsur. Sie hat gezeigt, wie wichtig eine gute Versorgung ist und gleichzeitig Schwachstellen schonungslos offengelegt, beispielsweise bei der Lieferung von Schutzausrüstung. Umso erfreulicher ist es, dass wir in Baden-Württemberg mit dem Forum Gesundheitsstandort ein erfolgreiches und etabliertes Format auf die Beine gestellt haben – um die künftigen Herausforderungen gemeinsam anzugehen, die es nicht erst seit der Pandemie gibt. Dazu gehört beispielsweise die Digitalisierung, die wir als Pionier-Bundesland weiter voranbringen möchten, aber auch Künstliche Intelligenz (KI), die bislang im Versorgungsalltag noch kaum eine Rolle spielt. In diesem Zusammenhang ist das Forum Gesundheitsstandort eine sehr wichtige Plattform.“

Beispielhafte Projekte, die vom Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg gefördert werden

Digitale, ambulante Fernüberwachung bei der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie in Baden-Württemberg

In Deutschland und weltweit ist die Zahl der an dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 erkrankten Menschen weiterhin sehr hoch. Trotz erheblicher Fortschritte in der Digitalisierung ist die ambulante Versorgung der COVID-19-Patientinnen und -Patienten in der Praxis zurzeit immer noch auf analoge Methoden ausgerichtet. Dieses Projekt zur digitalen, ambulanten Fernüberwachung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten kann durch digitale und telemedizinische Ansätze in der Pandemie schützen und unterstützen.

Durch neue, sogenannte Remote Patient Monitoring Systeme (RPM) kann der Zustand von Risikogruppen, Infizierten und Erkrankten in ihrer häuslichen Umgebung begleitet und kontrolliert werden. Diese engmaschige medizinische Kontrolle erfolgt per App über die Erhebung von Puls, Atemfrequenz, Körpertemperatur und des Allgemeinzustands sowie der Sauerstoffsättigung durch sogenannte Pulsoxymeter. Diese Daten werden den jeweils betreuenden Ärztinnen und Ärzten sofort und digital in Form eines Dashboards und unter Wahrung des Datenschutzes bereitgestellt. Auf diese Weise können COVID-19-Patientinnen und -Patienten sowie Risikogruppen sicher begleitet und bei Bedarf zum richtigen Zeitpunkt in eine stationäre Betreuung überführt werden. Das Konzept ist bereits in mehreren Modellregionen erfolgreich angelaufen und kann nun in ganz Baden-Württemberg angeboten werden. Somit können diese neuen, digitalen Möglichkeiten zur Pandemiekontrolle allen Bürgerinnen und Bürgern in Baden-Württemberg flächendeckend zur Verfügung gestellt werden. Mithilfe der RPM-Systeme lässt sich zudem der gesamte Krankheitsverlauf vom Gesundheitsamt über die hausärztliche Versorgung bis in die Krankenhäuser begleiten und visualisieren. So können mit innovativen, digitalen Methoden schwere Erkrankungsverläufe und Todesfalle zu reduziert werden. RPM-Systeme können zudem nach der Corona-Pandemie die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherstellen und verbessern.

Identifizierung und Nutzung molekularer und biologischer Muster für die individuelle Krebsbehandlung

Dieses Projekt hat das Ziel, neue Techniken für eine personalisierte Entnahme von Tumorbiopsien mithilfe von roboter- und KI-gestützten Methoden zu entwickeln. Bislang erfolgt bei der personalisierten Krebstherapie die Entnahme von Gewebe relativ ungezielt und meist an einer gut zugänglichen Stelle des erkrankten Gewebes. Die so gewonnene Gewebeprobe ist oft nicht repräsentativ für die Beschaffenheit des Tumors und seiner Metastasen. Trotzdem bildet die genetische Information aus diesem gewonnenen Gewebestück die Grundlage für Therapieentscheidungen.

Das mit den nun eigens entwickelten, neuen und präziseren Techniken gewonnene Gewebe wird eingehend molekulargenetisch untersucht. Zusätzlich gibt eine Liquid Biopsy – also eine blutbasierte Analyse – Aufschluss über die genomischen Veränderungen in der Gesamttumorlast einer Patientin oder eines Patienten. Die gewonnenen Daten werden mit Bilddateien des Tumors rückgekoppelt, um durch dieses selbstlernende System die Diagnostik immer weiter zu präzisieren. Zusätzlich werden aus den präzise gewonnenen Biopsien Organoide und andere präklinische Modellsysteme erzeugt. So können Unterschiede im Wachstumsverhalten und dem Ansprechen auf die für die Patientin oder den Patienten gewählte, zielgerichtete Therapie untersucht und neue mögliche Therapien identifiziert werden.

Das Projekt ist erfolgreich gestartet. Es wurden mittels KI-gestützter Techniken bereits Algorithmen entwickelt, um die Heterogenität von Lungenkarzinomen und Lebermetastasen abzubilden. Diese Algorithmen werden derzeit weiter trainiert. Zusätzlich wird aktuell ein Ethikvotum zur roboterunterstützten Biopsieentnahme beantragt und nach der Erteilung der Genehmigung mit den Probeentnahmen begonnen. Darüber hinaus wurden Workflows für die Einzelzellsequenzierung, Liquid Biopsy und für die Erzeugung von Organoiden aus Tumormaterial entwickelt.

Kompetenzzentrum zu den EU-Verordnungen zu Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika für kleine und mittlere Unternehmen

Die neuen EU-Verordnungen zu Medizinprodukten (MDR) und In-vitro-Diagnostika (IVDR) stellen die betroffenen Unternehmen und Einrichtungen vor große Herausforderungen. Am Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut in Reutlingen (NMI) entsteht nun das erste durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus geförderte MDR- & IVDR-Kompetenzzentrum (MIK). Die Branche soll dort bei der Erfüllung der neuen Anforderungen und Prüfverfahren unterstützt werden.

Das MIK wird speziell kleine und mittlere Unternehmen (KMU), aber auch große Firmen, über den Lebenszyklus ihres Produktes hinweg begleiten – von der ersten Idee über die Entwicklung bis hin zur Zulassung und dem Lebensende des Produkts. Das Ziel ist die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im Bereich der Gesundheitstechnik durch die Bündelung wissenschaftlicher, technischer und regulatorischer Kompetenzen. Der ganzheitliche Arbeitsansatz des neuen Zentrums orientiert sich an den Bedarfen der Branchenteilnehmerinnen- und teilnehmer. Neben der Begleitung hinsichtlich der Zulassung werden geforderte, aber derzeit noch nicht verfügbare Analytik- und Prüfmethoden entwickelt und bei Bedarf normiert.

Durch die starke Vernetzung mit anderen Dienstleistern und den Partnern Hahn-Schickard und der BIOPRO Baden-Württemberg GmbH dient das Zentrum als Anlaufstelle für industrielle Zulassungen sicherer Produkte

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/pm/dritte-jahresveranstaltung-des-forums-gesundheitsstandort