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Immuntherapie gegen Blutkrebs schreitet erfolgreich voran

Die Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Leukämieerkrankung bei Erwachsenen. Sie verläuft zwar zumindest in den meisten Fällen langsam, ist jedoch bisher nicht heilbar. Seit Dezember 2020 testet eine klinische Phase-I-Studie der Klinischen Kooperationseinheit (KKE) Translationale Immunologie am Universitätsklinikum Tübingen in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Fakultät und dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) bereits einen Impfstoff, um diese häufigste Leukämie bei Erwachsenen zu heilen – mit vielversprechendem Ergebnis. Erweiterte Einschlusskriterien ermöglichen nun noch mehr Patientinnen und Patienten die Studienteilnahme.

Mit der Einführung neuer zielgerichteter Stoffe haben sich die Behandlungsoptionen der Chronisch Lymphatischen Leukämie (CLL) in den letzten Jahren deutlich verbessert. In den allermeisten Fällen bleiben nach der Therapie jedoch einzelne Leukämiezellen zurück. Diese können zu einem Rückfall der Erkrankung führen. Ein Tübinger Forschungsteam untersucht nun die Möglichkeit, diese verbleibenden Leukämiezellen mithilfe einer Peptid-Impfung zu zerstören. Als Peptide werden kurze Eiweiße bezeichnet, die an der Oberfläche von Tumorzellen kleben und dem Immunsystem – hier speziell den T-Zellen – präsentiert werden. Dies ermöglicht dem Immunsystem, entartete Zellen als fremd zu erkennen und zu eliminieren. Werden solche Peptide zusammen mit einem geeigneten Adjuvanz, einem Immunstimulator, der die natürliche Immunreaktion des Körpers erhöht, verimpft, können T-Zellen gezielt gegen Tumorzellen aktiviert werden. „In unserer Studie stellen wir für jeden Patienten und jede Patientin einen individualisierten, auf die speziellen Merkmale der jeweiligen Leukämiezellen zugeschnittenen Impfstoff aus acht verschiedenen Peptiden zusammen“, erklärt Studienleiterin Prof. Dr. Juliane Walz. „Dieser Impfstoff wird dann den Patientinnen und Patienten nach dem Zurückdrängen der Erkrankung durch Standardbehandlung verabreicht.“

Im Gegensatz zu klassischen Impfungen gegen Infektionskrankheiten – die das Ziel haben, das Auftreten einer Erkrankung zu verhindern – wird die therapeutische Krebsimpfung bei Betroffenen eingesetzt, die bereits an einer Tumorerkrankung leiden, um das Immunsystem gezielt gegen die Tumorzellen zu aktivieren.

Eigene Impfstoffentwicklung in Tübingen

Der personalisierte Impfstoff wird im Wirkstoffpeptidlabor und der sogenannten GMP-Einheit des Universitätsklinikums Tübingen hergestellt. Auch das für die Impfstudie verwendete Adjuvanz XS15 wurde in Tübingen entwickelt. „In präklinischen Untersuchungen und anderen klinischen Studien haben wir bei Impfungen mit XS15 starke T-Zellantworten beobachtet“, so Prof. Dr. Juliane Walz. Schwerwiegende Nebenwirkungen erwartetet die Forschungsgruppe keine, da der Impfstoff spezifisch für die Leukämiezellen „maßgeschneidert“ wird; dies konnte sich bereits in der laufenden Studie bestätigen.

Zur Studie:

Die Phase-I-Studie zur individualisierten Peptidvakzinierung von CLL-Patientinnen und -Patienten wird an der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen durch die KKE Translationale Immunologie sowie am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart durchgeführt.

Teilnehmen können erwachsene Patientinnen und Patienten, bei denen eine behandlungsbedürftige CLL-Erkrankung vorliegt und eine Therapie mit einem Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor (BTK) geplant ist. Nach dem bislang sehr vielversprechenden Studienverlauf und da bereits innerhalb eines halben Jahres mehr als die Hälfte der geplanten Patientinnen und Patienten rekrutiert werden konnte, wurden nun die Einschlusskriterien erweitert: Betroffene, die den neuen Tyrosin Kinase-Inhibitor Acalabrutinib erhalten, können nun auch an der Studie teilnehmen.

Vor Beginn der Behandlung mit einem Tyrosin Kinase-Inhibitor müssen die Patientinnen und Patienten einmalig zu einer Untersuchung ihrer CLL-Zellen in eines der beiden Studienzentren kommen. Dort werden mittels Blutabnahme die individuellen Antigene der Leukämiezellen im Labor analysiert (HLA-Ligandomanalyse), um so den individuellen Impfstoff herzustellen. Im Anschluss an diesen Termin kann die Standardtherapie mit Ibrutinib oder Acalabrutinib erfolgen. Diese Therapie kann auswärts, z. B. von einem niedergelassenen Hämatologen durchgeführt werden. Sechs bis acht Monate nach Beginn der Ibrutinib/Acalabrutinib-Therapie, wenn die CLL-Erkrankung ausreichend zurückgedrängt ist, erfolgt die personalisierte Impfung parallel zur Fortführung der Standardtherapie. Insgesamt erfolgen drei Impfungen in einem Abstand von vier Wochen, gefolgt von einer Nachbeobachtung über sechs Monate.

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/pm/immuntherapie-gegen-blutkrebs-schreitet-erfolgreich-voran