zum Inhalt springen

Klinische Forschung für die Medizintechnik droht dauerhaft aus Deutschland abzuwandern

Durch das von Bundeskanzler Olaf Scholz im Rahmen seines Besuchs bei BionTech in Mainz verkündete „Deutschland-Tempo“ nimmt der Round-Table (industrielle) Gesundheitswirtschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zusätzliche Fahrt auf.

So jedenfalls interpretiert SPECTARIS als einer von zwölf am Round Table beteiligten Industrieverbänden die Aussage des Bundeskanzlers, alles dafür tun zu wollen, „damit Grundlagenforschung in Deutschland stattfinden kann, die dann die nächsten großen Erkenntnisse ermöglicht.“

Die BionTech-Gründer Prof. Özlem Türeci und Prof. Ugur Sahin hatten auf die schwierigen Bedingungen für die forschende Pharmaindustrie hingewiesen und letztlich auch eine Verlegung des Firmensitzes beziehungsweise der klinischen Forschung außerhalb Deutschlands ins Spiel gebracht. Scholz versprach daraufhin, die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen zu wollen: Damit alles, was BionTech anmahnt oder vermisst, schnell und zügig auch in Deutschland möglich sei, erhalten bleibe und verbessert werden könne. Gebraucht werde in Deutschland eine Forschungslandschaft, die gemeinsam mit den Ländern stabilisiert und weiterentwickelt werden müsse, so der Bundeskanzler.

SPECTARIS begrüßt diese Aussagen und sieht den unter der Schirmherrschaft von Bundesminister Dr. Robert Habeck stehenden Round Table als Schritt in diese Richtung. Denn klinische Forschung ist nicht nur für den Pharmabereich äußerst relevant, sondern auch für die Medizintechnik, die sich mit denselben Problemen auseinandersetzen muss. „Die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Vorgaben der Ethikkommissionen und weitere unnötig komplizierte formale Auflagen bezüglich der klinischen Forschung, bescheren deutschen Medtech-Unternehmen nicht nur international, sondern sogar innerhalb der EU einen Wettbewerbsnachteil“, erklärt Dr. Martin Leonhard, Vorsitzender der Medizintechnik im Industrieverband SPECTARIS. „Aufgrund der regulatorischen Umständlichkeit lassen etliche namhafte Unternehmen ihre Innovationen längst nicht mehr zuerst auf dem deutschen oder europäischen Markt zu, sondern gehen dafür vor allem in die USA und nach Südostasien“, ergänzt Leonhard. Damit es in der Medizintechnik zukünftig nicht wie bei der Pharmaindustrie zu einer Abhängigkeit von China und Indien kommt, müssen nicht nur die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Gesundheitswirtschaftsstandort Deutschland verbessert, sondern auch die formalen Auflagen für klinische Forschung entbürokratisiert sowie die grundsätzlich richtigen Vorgaben der knapp 50 Landesethikkommissionen in 16 Bundesländern harmonisiert werden.

Durch die aktuellen Aussagen des Bundeskanzlers steigen die Erwartungen, dass nach dem ersten Arbeitstreffen des Round Table der Gesundheitswirtschaft im Januar 2023 schnell konkrete Maßnahmen aus den Gesprächen folgen, „um die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung der Medtech-, Biotech- und Pharma-Unternehmen zu stärken und die Standortbedingungen in Deutschland grundsätzlich sukzessive zu verbessern“, sagt Dr. Leonhard.

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/pm/klinische-forschung-fuer-die-medizintechnik-droht-dauerhaft-aus-deutschland-abzuwandern