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Ministerpräsident und Wissenschaftsministerin besuchen die Universität Tübingen

Austausch mit Forschenden und Studierenden über die Rolle der Geisteswissenschaften in einer Gesellschaft des Wandels.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wis- senschaftsministerin Petra Olschowski haben am Freitag die Universität Tübingen besucht und dabei den Austausch mit Forschenden und Studie- renden gesucht. Thema des rund eineinhalbstündigen Gesprächs war die Rolle der Geisteswissenschaften in einer Gesellschaft des Wandels.

„Die Geisteswissenschaften sind für die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen von großer Bedeutung, gerade in einem Zeitalter der Krisen. Nur sie können gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen und Umbrüche wirklich analysieren und erklären. Vor allem aber liefern sie wichtige Impulse und Anstöße, wie die Transformation so gestaltet werden kann, dass sie als gesamtgesellschaftliches Projekt gelingt. Es ist etwa besonders wichtig, dass ethische Fragen bei der Entwicklung von Naturwissenschaft und Technik von Beginn an mitgedacht werden“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Hier an der Universität Tübin- gen engagieren sich nicht nur die Medienwissenschaft und die Rhetorik seit Jahren intensiv für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesell- schaft – und für die wichtige Aufgabe, wissenschaftliche Erkenntnisse für alle Menschen verständlich zu vermitteln.“

„Die Universität Tübingen ist auch international ein Standort der Spitzen- forschung in den Geisteswissenschaften. In der Exzellenzstrategie ver- folgt sie das Konzept des ‚Public Engagement‘, um den so wichtigen Aus- tausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu fördern. Ich bin über- zeugt, dass die Einbindung der Geisteswissenschaften unerlässlich ist, um die Voraussetzung für Innovation, um gesellschaftliche Verände- rungsprozesse und die damit einhergehenden Chancen, aber auch Kon- flikte umfassend verstehen und gestalten zu können“, sagte Wissen- schaftsministerin Petra Olschowski.

„Die Universität Tübingen ist ein Ort hervorragender Natur- und Lebens- wissenschaften“, sagte die Rektorin der Universität, Professorin Karla

Pollmann: „Drei Exzellenzcluster zur Infektions- und Krebsforschung sowie zum maschinellen Ler- nen machen die herausragende Position Tübingens auf diesem Feld sehr deutlich. Gerade wegen dieser besonderen Stärken habe ich mich besonders darüber gefreut, dass der Ministerpräsident und die Ministerin die Rolle der Geisteswissenschaften, in denen Tübingen seit jeher einen heraus- ragenden Ruf genießt, in den Mittelpunkt ihres Besuches gestellt haben.“

Der Austausch zwischen dem Ministerpräsidenten, der Ministerin sowie den Forschenden und den Studierenden drehte sich um Themen wie beispielsweise die Frage, ob sich die Geisteswissen- schaften stärker in gesellschaftliche Debatten einbringen sollten und wenn ja, wie dies gelingen könne. Weitere Themen waren der Dialog zwischen Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Technik, der Beitrag der Geisteswissenschaften zur Ausbildung der jungen Generation als „Glo- bal Citizens“ oder die konkreten Erwartungen an die Universität Tübingen mit Blick auf Wissen- schaftskommunikation und Translation.

„Der Wandel, der sich derzeit in den Gesellschaften aller Industrienationen vollzieht, ist in seinem Charakter fundamental“, sagte Pollmann: „Neue Lebensentwürfe und individuelle Rollenmodelle stoßen auf rasante Veränderungen in traditionellen Industrien, aber auch in Dienstleistungsberufen. Der Siegeszug neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz und Robotik stellt nicht nur den Fort- bestand vieler tradierter Berufe in Frage, sondern auch die Unersetzlichkeit des Menschen, seiner Arbeitskraft und zunehmend auch seiner Kreativität“, sagte Pollmann. Dazu kämen zahlreiche Kri- sen, die unsere Gesellschaft unter massiven Stress setzten – von der Corona-Pandemie, über den Ukrainekrieg bis hin zum Klimawandel. Die Geisteswissenschaften seien in dieser Situation kein Reparaturbetrieb von Gesellschaft und Wirtschaft. Sie könnten auch nicht alle Probleme beseitigen. Sie seien aber für das Verständnis der unterschiedlichsten Veränderungen und Herausforderungen unerlässlich und unersetzlich in ihrer Rolle als Orientierungswissenschaften.

Die Rektorin verwies in diesem Zusammenhang auf herausragende Projekte an der Universität Tü- bingen wie den Sonderforschungsbereich „Bedrohte Ordnungen“ oder die geplante Forschungs- stelle zum Rechtsextremismus: „Unsere Verantwortung gegenüber der Gesellschaft manifestiert sich unter anderem darin, dass wir Herausforderungen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft analysieren und zu ihrer Bewältigung beitragen.“ Eine weitere wichtige Aufgabe sehe die Universität darin, bei der Entwicklung neuer Technologien wie der Künstlichen Intelligenz von Be- ginn an ethische Fragestellungen mit zu berücksichtigen. „Nicht zuletzt tragen wir als Universität eine große Verantwortung für die Bildung der jungen Generation“, betonte die Rektorin: „Hier ist es uns wichtig, Studierenden die Chance zu geben, sich zu weltoffenen und vorurteilsfreien Menschen zu entwickeln, die bereit und in der Lage sind, Verantwortung für sich selbst und eine weltweite Ge- meinschaft zu übernehmen.“

Pollmann verwies auf die lange Tradition herausragender geisteswissenschaftlicher Forschung in Tübingen: „Wir sind nicht allein die Universität, die Hegel, Schelling und Hölderlin geprägt hat; Tü- bingen ist auch der Geburtsort der historisch-kritischen Bibelforschung, mit der im 19. Jahrhundert die Grundlage für die moderne Theologie gelegt wurde.“ Nach dem Zweiten Weltkrieg hätten promi- nente Denker wie Ernst Bloch, Ralf Dahrendorf, Walter Jens und Hans Küng das Profil Tübingens geprägt. Die Bedeutung der Universität für die geisteswissenschaftliche Forschung in Deutschland lasse sich auch an harten Zahlen ablesen. So führe der aktuelle DFG-Förderatlas Tübingen als eine der drei leistungsstärksten deutschen Universitäten auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften. Zum gleichen Urteil komme das renommierte Times Higher Education Ranking nach Fächern.

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