zum Inhalt springen

Tübinger Pflegewissenschaft erforscht Zukunftspotenzial naturheilkundlicher Anwendungen

Die Abteilung Pflegewissenschaft des Instituts für Gesundheitswissenschaft an der Medizinischen Fakultät Tübingen wird in Zukunft die naturheilkundlichen Verfahren für den Einsatz in der Pflege wissenschaftlich untersuchen. Mit der Gründung der Arbeitsgruppe „Integrative naturheilkundliche Pflege“ setzt das Vorhaben damit neue Akzente in der pflegewissenschaftlichen Forschung und Lehre. Ermöglicht wird dies unter anderem durch die Unterstützung der Software AG – Stiftung.

Evidenzbasierte Forschung für eine ganzheitliche Pflege

Wickel, Auflagen, Akupressur oder Aromatherapie – Die Auswahl an sogenannten komplementären Verfahren in der Pflege ist groß. Genauso ihr Anwenderkreis: In einer repräsentativen Befragung in Deutschland gaben 70 Prozent der Befragten an, komplementäre und integrative Verfahren bereits genutzt zu haben. Für viele der pflegerischen Anwendungen stellt ein Konsens unter Expertinnen und Experten bislang die bestverfügbare Evidenz dar. Um diese Erfahrungen auf wissenschaftlich fundierte Füße zu stellen, hat es sich die neue Arbeitsgruppe zur Aufgabe gemacht, naturheilkundliche und komplementäre pflegerische Verfahren systematisch zu erforschen und ihre Wirksamkeit zu untersuchen. Ihr Ziel ist es, evidenzbasierte pflegerische Anwendungen in Versorgung und Lehre zu verankern. Damit wird ein bislang einzigartiger Ansatz in der deutschen Pflegelandschaft realisiert.

„Mit der Arbeitsgruppe schaffen wir eine wissenschaftliche Basis für Verfahren, die in der Pflege längst gelebt und von unseren Patientinnen und Patienten eingefordert werden“, erklärt Prof. Dr. Cornelia Mahler, Direktorin der Abteilung Pflegewissenschaft und Projektleiterin. „Unser Ziel ist es, integrative und naturheilkundliche Verfahren in der Pflege auf ein solides Fundament zu stellen.“

Forschung, Lehre und Vernetzung

Ab dem 1. Januar 2026 wird die Arbeitsgruppe über fünf Jahre hinweg untersuchen, wie integrative und naturheilkundliche Verfahren in der Pflege wirksam eingesetzt werden können. Dabei stehen vor allem Anwendungen in der Onkologie und Pädiatrie im Mittelpunkt. Patientinnen, Patienten und Angehörige werden aktiv in die Forschungsprojekte einbezogen. Die Ergebnisse sollen in die Lehre einfließen und so die Ausbildung von Pflegekräften und Studierenden in Bachelor-, Master- und Promotionsprogrammen stärken. Außerdem wird das Team seine Zusammenarbeit mit bestehenden nationalen und internationalen Netzwerken zur integrativen Pflegeforschung weiter ausbauen.

Interprofessionelle Zusammenarbeit als Schlüssel

Das Vorhaben ergänzt den bestehenden Schwerpunkt zur integrativen Medizin an der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums in der Allgemeinmedizin und Interprofessionellen Versorgung. Somit wird die Brücke zwischen Pflegewissenschaft, Medizin und Versorgungspraxis gestärkt. „In einem Gesundheitssystem, das immer stärker unter Druck gerät, ist eine starke Verzahnung der Fachbereiche unabdingbar. Die bereits jetzt enge Zusammenarbeit zwischen Allgemeinmedizin, Pflegewissenschaft und komplementärwissenschaftlicher Forschung hier am Standort trägt dieser Entwicklung Rechnung“, betont Prof. Dr. Stefanie Joos, Direktorin des Instituts für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung am Universitätsklinikum Tübingen. „Komplementärmedizinische Verfahren haben das Potenzial, die konventionelle Medizin sinnvoll zu ergänzen. Die Arbeitsgruppe unterstreicht dabei die Notwendigkeit, komplementäre Verfahren als Bestandteil einer integrativen Gesundheitsforschung zu verstehen“, ergänzt Prof. Dr. Holger Cramer, Universitätsprofessor für die Erforschung komplementärmedizinischer Verfahren an der Medizinischen Fakultät Tübingen und wissenschaftlicher Leiter des Robert Bosch Centrums für Integrative Medizin und Gesundheit am Bosch Health Campus in Stuttgart.

Mit der Förderung über die nächsten fünf Jahre wird ein nationaler Leuchtturm geschaffen, der Pflegefachpersonen wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen für integrative Ansätze in der alltäglichen Versorgung an die Hand gibt. Durch die Verbindung von Forschung, Lehre und Praxis trägt das Projekt maßgeblich zur Weiterentwicklung einer ganzheitlichen, patientenzentrierten Gesundheitsversorgung bei.

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/pm/tuebinger-pflegewissenschaft-erforscht-zukunftspotenzial-naturheilkundlicher-anwendungen