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Biotechnologie als Innovationsmotor der pharmazeutischen Industrie

Die Biotech-Industrie ist der innovative Motor für eine pharmazeutische Industrie, die durch den Wechsel von Blockbuster-Produkten hin zu einer personalisierten Medizin auf neue Konzepte angewiesen ist. Die gentechnische Produktion neuer Wirkstoffe greift auf die Erkenntnisse aus Genomik, Proteomik und Systembiologie zurück und schafft neue Ansätze für Behandlungsstrategien, die Therapie und therapiebegleitende Diagnostik (sogenannte „companion diagnostics“) vereinen.

Deutsche Biotech-Branche 2012 (nur Cluster mit mind. 10 dedizierten Biotech-Unternehmen kumuliert dargestellt) © biotechnologie.de
Die Beziehung zwischen Biotechnologie- und Pharma-Unternehmen ist eine wechselseitige. Etwa die Hälfte der dedizierten biotechnologisch arbeitenden Unternehmen in Deutschland können der roten und damit der medizinischen Biotechnologie zugeordnet werden (Quelle: biotechnologie.de). Diese sind also mit der Entwicklung und Produktion von gentechnisch hergestellten Medikamenten, Vakzinen und Diagnostika beschäftigt. Daneben liefern sie Technologieplattformen. Sie sind ein wichtiger Innovationsmotor und Kooperationspartner für die pharmazeutische Industrie. Laut dem Biotech-Report „Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2013“ (The Boston Consulting Group und vfa.bio) waren im Jahr 2012 in Deutschland 385 medizinische Biotechnologie-Unternehmen tätig. Diese erwirtschafteten einen Gesamtumsatz von etwa 7 Mrd. Euro. Dabei wird der größte Anteil am Umsatz von Biotech-Firmen erwirtschaftet, die mit der Wirkstoffentwicklung und -vermarktung beschäftigt sind. Weit weniger erwirtschaften die Anbieter von Technologien ohne Wirkstoffentwicklung (580 Mio. Euro). Die Kombination von Wirkstoffentwicklung und Dienstleistung (z.B. in Form von Analytik) im Bereich der roten Biotechnologie ist ein häufiges Geschäftsmodell, um zumindest teilweise die Kosten für Forschung und Entwicklung zu finanzieren und um der schlechten Finanzierungslage entgegenzuwirken.

Pharmazeutische Industrie steigt oft in die frühen Entwicklungsphasen eines neuen Medikaments ein

In Bioreaktoren werden Biopharmazeutika produziert. © Merck KGaA

Die Entwicklung neuer Medikamente ist vor allem für die pharmazeutische Industrie von großer Bedeutung, da der Patentschutz vieler Blockbuster-Präparate ausläuft oder schon ausgelaufen ist. Deshalb steigt die pharmazeutische Industrie mittlerweile viel öfter in die frühen Entwicklungsphasen eines neuen Medikaments in Biotech-Unternehmen ein. So hat erst kürzlich die in Tübingen ansässige CureVac GmbH mit der Sanofi Pasteur S.A., einem Pharmaunternehmen, das sich auf die Entwicklung von Impfstoffen spezialisiert hat, eine Kooperationsvereinbarung getroffen. Die Zusammenarbeit beider Unternehmen beinhaltet auch Abkommen zu Options- und Lizenzverträgen.

Auf der anderen Seite sind die Entwicklung und vor allem die Zulassung und Markteinführung neuer Wirkstoffe ein bürokratisch und finanziell aufwendiger Prozess, den vor allem kleinere Biotechnologie-Unternehmen nicht alleine stemmen können. Sie setzen auf die großen Pharma-Konzerne und lizenzieren ihre Entwicklungen in den späten klinischen Phasen an diese aus oder werden von diesen übernommen. Beispiele hierfür liefern die Cellzome GmbH und die Phenex Pharmaceuticals AG. Die Cellzome GmbH, eine Ausgründung des EMBL in Heidelberg, wurde im Jahr 2012 für 76 Millionen Euro vom britischen Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline gekauft. Die Phenex Pharmaceuticals AG, ein dediziertes Biotech-Unternehmen mit Sitz in Ludwigshafen, gab im Dezember 2012 eine Zusammenarbeit (Forschungskooperation und Lizenzabkommen) mit der Janssen Biotech, Inc. bekannt.

Gentechnische Herstellung der Wirkstoffe steigt stetig

Rund fünf Prozent aller zugelassenen Wirkstoffe werden momentan gentechnisch hergestellt, Tendenz steigend. Laut dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (kurz: vfa) werden bereits knapp ein Drittel der in der Pipeline befindlichen Wirkstoffe gentechnisch hergestellt (Quelle: Forschung für das Leben, vfa). Im Jahr 2012 waren insgesamt 93 Wirkstoffe in der klinischen Pipeline (Quelle: biotechnologie.de).

Medikamenten-Kandidaten der dedizierten Biotechnologie-Unternehmen © biotechnologie.de

Die letzte Marktzulassung eines deutschen Biotech-Unternehmens erreichte im Jahr 2011 das Medikament Ameluz® der Biofrontera AG. Damit stagnierte 2012 die Zahl der hierzulande biotechnologisch hergestellten und zur Zulassung gebrachten Medikamente bei insgesamt neun. Gerade bei den Medikamenten-entwickelnden Biotech-Unternehmen spielt Eigenkapital eine entscheidende Rolle, vor allem wegen der langen Entwicklungszeiten und des relativ hohen Entwicklungsrisikos. Jedoch blieb die Finanzierungslage auch im Jahr 2012 allgemein schwierig. Zwar gab es im Jahr 2012 einen Anstieg des Venture Capital auf 205 Mio. Euro (Quelle: biotechnologie.de), aber das Kapital kommt nur wenigen Firmen zugute. Deshalb ist es für die Biotech-Branche besonders wichtig, die eigene Position als Innovationsschmiede und als Anbieter innovativer Technologieplattformen auszubauen. Damit sind Biotech-Unternehmen in Zukunft mehr denn je wichtiger Partner der pharmazeutischen Industrie.

Die neuesten Zahlen zur roten Biotechnologie und zur pharmazeutischen Industrie in Baden-Württemberg können Sie dem Branchenreport zur Gesundheitsindustrie 2013 – Daten und Fakten für Baden-Württemberg entnehmen. Die Neuauflage des Biotech Guide gibt mit 143 Kurzprofilen von baden-württembergischen Biotechnologie-Unternehmen einen Überblick über die hier ansässigen Unternehmen. Beide Broschüren stehen als Download auf unserem Portal (oder als Link rechts oben) zur Verfügung.

Seiten-Adresse: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/dossier/biotechnologie-als-innovationsmotor-der-pharmazeutischen-industrie